Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR Spanien im Sog der Eurokrise Das Vertrauen ist dahin RALPH SCHULZE, MADRID
Bielefeld (ots)
Es scheint wie ein Kampf gegen Windmühlenflügel: Das Euro-Schuldenland Spanien beschließt immer neue Sparprogramme, Europa stützt marode spanische Banken mit Milliarden, aber das spanische Königreich kommt nicht aus dem Tal. Die Reformen bleiben wirkungslos, das Krisenland treibt anscheinend unaufhaltsam auf die Staatspleite zu. Nun kommt ein weiterer Risikofaktor hinzu: der Volkszorn, den die Regierung mit ihrem immer schärferen Sparkurs weckt, weil er harte Kürzungen und happige Steuererhöhungen mit sich bringt. Der Sparzwang treibt im Land der Massenarbeitslosigkeit und wachsenden Armut immer mehr Menschen in die Not. Fast jeden Tag gibt es irgendwo Proteste, Streiks und Straßenschlachten mit der Polizei. Jetzt rächt sich, dass der konservative Regierungschef Mariano Rajoy, der Ende 2011 als Retter der Nation antrat, den Menschen damals nicht die Wahrheit sagte. Dass er ihnen Hoffnung auf Besserung machte, die er jetzt nicht erfüllen kann. Das Vertrauen vieler Spanier ist dahin. Mit Zögern und Zaudern sind nationale Krisen eben nicht zu lösen. Monatelang überhörte Rajoy Forderungen der EU, wichtige Reformen anzupacken, neue Sparpakete zu schnüren, die marode Bankenbranche zu sanieren. Er musste von EU und Internationalem Währungsfonds fast genötigt werden, endlich unbequeme, aber notwendige Entscheidungen zu treffen. Vor dem drohenden Staatsbankrott muss Spanien unter den Euro-Rettungsschirm schlüpfen. Denn die wachsende Unsicherheit schadet der Euro-Stabilität. Die Beispiele Portugals und Irlands belegen, dass Rettungskredite und Reformen Erfolge bringen können, wenn die Regierungen durchgreifen und mit Brüssel eng zusammenarbeiten. Dies zeigt auch: Die Euro-Retter sind nicht so schlecht wie ihr Ruf.
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