Neue Westfälische (Bielefeld): AfD-Politiker abgewählt Wehret den Anfängen Carsten Heil
Bielefeld (ots)
Die Demokratie lebt von Streit und Auseinandersetzung. Aber nicht von Beschimpfungen. Der Rechtsstaat wächst durch scharfe Debatten und Argumentation - nicht durch Beleidigungen und Herabwürdigung. Das Parlament ist Hort von Meinungsaustausch, von Interessensgegensätzen und dem Ringen um Lösungen - aber nicht von Skandalisierung um jeden Preis. Kurz: In unserem Gemeinwesen geht es um die Achtung der Würde jedes Menschen, um Minderheitenschutz und um Respekt voreinander. Der AfD-Abgeordnete Stephan Brandner hat schon gleich nach seiner Wahl zum Vorsitzenden des Rechtsausschusses angekündigt, für Skandale sorgen zu wollen. Das hat er getan. Er hat den Moderator und Publizisten Michel Friedman, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und den Rockmusiker Udo Lindenberg in einer Weise verhöhnt und herabgewürdigt, die unerträglich ist. Auch das ist in einer Demokratie erlaubt. Aber: Es gibt kein Verfahren gegen Brandner wegen Hass oder Hetze. Er hat keine Verfolgung zu befürchten. Er kann auch Mitglied im Rechtsausschuss des Bundestages bleiben und wird seinerseits nicht herabgewürdigt. Das gebietet die Meinungsfreiheit. Aber völlig zu Recht hat der Ausschuss ihn als Vorsitzenden abgewählt. Die Mehrheit des Rechtsausschusses will sich nicht länger von Brandner vereinnahmen und repräsentieren lassen. Nun kann die AfD einen Nachfolger nominieren, der sich dann hoffentlich an die demokratischen Gepflogenheiten hält. Krokodilstränen sind also weder von Brandner persönlich noch von der AfD angebracht. Die demokratischen Kräfte beginnen sich zu wehren. Das ist gut und längst überfällig. Brandner ist ein Gefolgsmann des Thüringer AfD-Chefs Höcke. Und der will die rechte Revolution in Deutschland. Der will so etwas, was 1933 die Machtergreifung war. Die Abschaffung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. In einem Buch von 2018 schreibt Höcke, dass die AfD ein anderes Land wolle. Millionen Ausländer sollten raus. Für den Umsturz seien wörtlich "wohltemperierte Grausamkeiten" nötig. Die neue Führung müsse Maßnahmen ergreifen, "die ihrem eigentlichen moralischen Empfinden zuwider laufen". Das ist nicht zu fassen, denn es klingt wie "Mein Kampf" von Hitler. Auch dessen Hetzschrift wurde nicht ernst genommen. Doch alles ist so gekommen. Diesen Fehler darf Deutschland im Falle Höcke und Brandner nicht wiederholen. Wehret den Anfängen. Einen Anfang hat der Rechtsausschuss gemacht.
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