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Stadtwerke auf Wettbewerbskurs
EU droht KWK-Gesetz zu kippen / Probleme bei der Verbändevereinbarung Strom

Krefeld (ots)

"Die Stadtwerke haben sich im Wettbewerb gut
behauptet. Die mit 1 bis 3 % geringe Wechselbereitschaft der
Haushaltskunden zeigt, dass die Kundennähe und das flexible Preis-
und Leistungsangebot der Stadtwerke sich auszahlen." Dies betonte
Michael Schöneich, Hauptgeschäftsführer des Verbands kommunaler
Unternehmen, auf der Versammlung der mit 226 Unternehmen
mitgliederstärksten Landesgruppe NRW in Krefeld. Dabei mahnte
Schöneich auch die Umsetzung des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes an,
das eine Soforthilfe für die umweltfreundlichen KWK-Anlagen sichern
und so Investitionsruinen vermeiden soll. Schöneich: "Seit 4 Monaten
ist das Gesetz in Kraft, aber die Zahlungen der vorgelagerten
Netzbetreiber an die Stadtwerke verlaufen bisher nur schleppend."
Hier versuchten einige, von den Schwierigkeiten bei der Auslegung und
Anwendung des Gesetzes zu profitieren. Und nun drohe auch noch Gefahr
von der EU-Wettbewerbskommission, die diese Zahlungen - wie es in
Brüssel zu hören ist - als unzulässige Beihilfen betrachtet. "Dies
können wir nicht zulassen. Wir müssen dieses Gesetz retten." so
Schöneich.
Mit Blick auf die vor wenigen Tagen von einigen neuen
Stromanbietern gegründete "Initiative Pro Wettbewerb" sagte
Schöneich: "Bei diesen Newcomern sehe ich ein seltsames
Wettbewerbsverständnis: Wettbewerb funktioniert aus deren Sicht
anscheinend nur dann, wenn ein Kunde seinen Lieferanten wechselt.
Wenn der sich jedoch weiterhin für den alten Anbieter entscheidet,
dann arbeite der Markt nicht richtig. Dem kann ich nur
entgegenhalten: Auch Kundentreue ist ein Ergebnis von Wettbewerb, ob
es einem passt oder nicht." Und das ausgerechnet die neuen
Stromanbieter, die so tun, als hätten sie das Wort "Markt" erst
erfunden, jetzt nach dem Staat rufen, sei doch sehr verwunderlich.
"Ich habe das Gefühl, man erkennt langsam, dass die Kunden sich nicht
einfach mit millionenschweren Werbekampagnen massenweise zum Wechsel
bewegen lassen."
Die Stadtwerke dürften sich jedoch auf ihrem bisherigen Erfolg
nicht ausruhen. Durch die rasante Änderung der Marktstrukturen, die
Konzentration in der Energiewirtschaft hin zu einer Oligopol-Bildung
und die weiteren Liberalisierungs- und Deregulierungsbestrebungen der
EU beim ÖPNV und bei der Wasserversorgung würden in vielen Städten
und Gemeinden der vorschnelle Verkauf ihrer Unternehmen gefördert.
Dieser schleichenden Tendenz müsse man entgegentreten. Deshalb
appellierte Schöneich an die Kommunalpolitiker, sich auf die
zentralen Funktionen ihrer Stadtwerke zu besinnen: sie seien
wertvolle Infrastrukturdienstleister, wichtige kommunalpolitische
Gestaltungselemente und Garant für den Wettbewerb in einem zur
Konzentration tendierenden Energiemarkt. Vor allem sollten sie auch
über die Gemeindegrenzen hinweg horizontale Kooperationen mehrerer
Stadtwerke miteinander fördern, um hierdurch wertvolle
Synergieeffekte freizusetzen. Hier gebe es bereits viele
nachahmenswerte Beispiele.
"Bei der Umsetzung der Verbändevereinbarung Strom gibt es noch
Probleme", wie Dr. Norbert Ohlms, Vorsitzender der Landesgruppe NRW
und Geschäftsführer der Stadtwerke Münster GmbH, betonte. Erst jüngst
musste die hierfür vorgesehene Clearingstelle einen Streit zwischen
RWE Energie AG und den Stadtwerken Münster um sogenannte
"All-Inclusive"-Verträge schlichten. Der zwischenzeitlich vorliegende
Schiedsspruch besage nun sehr deutlich, dass Netz und Handel strikt
zu trennen sind und ein Netzanschluss- und Netznutzungsvertrag vom
Kunden mit dem Verteilnetzbetreiber abzuschließen ist. Ein weiteres
Problem sei der Termin zur Veröffentlichung der Netznutzungsentgelte
gewesen. Die bei vielen Mitgliedsunternehmen eingetretene Verzögerung
lag weniger bei den Unternehmen selbst begründet, so Ohlms, als
vielmehr darin, dass der Leitfaden zur Ermittlung der Entgelte erst
sehr spät veröffentlicht wurde, die Entgelte der vorgelagerten Netze
noch nicht festlagen und an den vielen noch immer nicht geklärten
Fragen mit dem KWK-Vorschaltgesetz. Wegen der erforderlichen
Aufteilung des Stromabsatzes auf jeden Händler in jeder Stunde komme
es darüber hinaus zu einer Datenexplosion: Waren es bisher pro Kunde
vier Größen, so seien es nun 35.040 pro Jahr, d. h. schlagartig eine
Verzehntausendfachung von Daten. Dies bewirke zwangsweise eine
Erhöhung der Kosten und könne gerade bei den kleineren Unternehmen zu
größeren Schwierigkeiten bis hin zum Datenkollaps führen. Ein
Problem, dass nicht in der Verbändevereinbarung geregelt wurde, sei
das Wechselentgelt. Der Lieferantenwechsel verursache Kosten, die dem
Verursacher separat in Rechnung gestellt werden müssen. Die
Alternative sei, diese Kosten zu sozialisieren und den
Netznutzungsgebühren hinzuzurechnen. Die neuen Stromanbieter
behaupten, so Ohlms, dass diese Wechselgebühren kartellrechtswidrig
seien. Dem könne man nur entgegenhalten, dass die
nordrhein-westfälische Kartellbehörde gerade in diesen Tagen im Fall
Münster pauschalierte Umstellungskosten in Höhe von 49 DM akzeptiert
habe.
Rückfragen an:
Rosemarie Folle
Telefon: 0221/3770-204
FAX:      0221/3770-266

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