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Nicht zu retten
Kommentar von Friedrich Roeingh zur Zukunft der Grundschulen

Mainz (ots)

Den Humor der Kultusminister möchte man haben. Je größer die Defizite in den Grundschulen werden, desto stärker feiern sich die Verantwortlichen dafür, sich ihre Fehlleistungen von Experten bescheinigen zu lassen. Sinngemäß kann man Karin Prien, die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, so verstehen: "Was wollt Ihr denn, wir haben das Thema doch erkannt." Wenn man hätte wissen wollen, dass in Deutschland jedes fünfte Kind die Grundschule verlässt, ohne richtig rechnen, lesen und schreiben zu können, hätte man allerdings nur die Lehrer befragen oder die seit vielen Jahren überlasteten Grundschulen besuchen müssen. Verantwortlich sind die Bildungsminister genauso wie die Ministerpräsidenten und ihre Finanzminister.

Viel zu lange wurde die wichtigste Schulform in der Annahme überholter demografischer Daten kaputtgespart. Dass die Industrienation aber ohne massive Zuwanderung von jungen Menschen, die nun einmal Kinder kriegen, vor die Wand fahren würde, weiß man seit Jahrzehnten. Seit der ersten Flüchtlingswelle 2015 laufen die Grundschulen übertourig, in der Corona-Pandemie haben sie noch mehr Schüler zurücklassen müssen, die ukrainischen Kinder kommen einfach obendrauf. Und die beiden letzten Faktoren sind in den alarmierenden Ergebnissen der sogenannten IQB-Studie noch gar nicht richtig eingepreist. Objektive Lernstandserhebungen, wirksame Unterstützungsprogramme für die Zurückgebliebenen: Fehlanzeige. Im Strafrecht würde man das unterlassene Hilfeleistung nennen.

Und der Ausweg? Lehrer, Lehrer, Lehrer und Erzieher, Erzieher, Erzieher. Fast ebenso wichtig wie eine bessere Versorgung der Grundschulen ist nämlich die Förderung der sprachlichen und motorischen Fähigkeiten in den Kitas. Seit Jahren weiß man, dass es mindestens ein verpflichtendes Kitajahr braucht. Stattdessen sind die Länder nicht einmal in der Lage, den Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz für die Eltern zu gewährleisten, die darauf bestehen. Erzieher und Lehrer kann man sich aber ebenso wenig backen wie Kranken- und Altenpfleger. Die Kultusminister mögen sich hinter noch so wohlmeinenden Vokabeln verschanzen: Kurzfristig sind die Grundschulen - und mit ihnen die Kinder - nicht zu retten.

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