Abgeordnete fordern Untersuchungsausschuss: Anti-Geldwäsche-Einheit des Zolls droht neuer Ärger
Hamburg (ots)
Bundestagsabgeordnete von FDP und Linkspartei fordern im Streit um die Geldwäsche-Einheit des Zolls umfassende Aufklärung - notfalls durch die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Hintergrund ist eine durch das Bundesfinanzministerium (BMF) angekündigte Aufarbeitung der Arbeitsprozesse in der sogenannten Financial Intelligence Unit (FIU).
Nachdem unter anderem durch Berichte von NDR und SZ bekannt geworden war, dass die FIU mehrere Zehntausend Geldwäscheverdachtsmeldungen nicht bearbeitet und auch sonst erhebliche organisatorische Schwierigkeiten hatte, kündigte das BMF eine Überprüfung der Behörde an.
Ausgerechnet wegen dieser Ankündigung fühlen sich Bundestagsabgeordnete nun durch das BMF getäuscht. Das Ministerium hatte im August auf Anfrage der FDP-Fraktion schriftlich mitgeteilt, dass "derzeit eine Evaluierung [der FIU-] Prozesse und Abläufe sowie eine verbesserte Einbindung der Verpflichteten und Bedarfsträger durch eine unabhängige Stelle" durchgeführt wird. Nach Recherchen von NDR und SZ führt die Prüfung eine Unterabteilung der Generalzolldirektion durch. Die FIU selbst ist ebenfalls der Generalzolldirektion unterstellt.
Der FDP-Bundestagsabgeordnete Markus Herbrand nannte den Vorgang "absurd", er fühle sich vom BMF "frech belogen." Er fordert von der Bundesregierung eine neutrale Stelle außerhalb des Geschäftsbereichs mit der Aufarbeitung zu beauftragen. Sollte das nicht geschehen, müsse "der Bundestag selbst den Geldwäsche-Sumpf der FIU aufdröseln - in Form eines Untersuchungsausschusses". Der Abgeordnete der Linkspartei, Fabio De Masi, schloss sich der Forderung seines FDP-Kollegen an. "Das Finanzministerium hat den Bundestag im Zusammenhang mit der FIU mehrfach angelogen", sagte De Masi.
Zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses im deutschen Bundestag sind die Stimmen von einem Viertel der Abgeordneten notwendig. FDP und Linkspartei kommen gemeinsam auf etwa 150 der 178 notwendigen Stimmen. Ein Sprecher des Zolls erklärte, die sogenannte Bescheinigende Stelle, die die Prüfung durchführt, sei "fachlich unabhängig, sodass ihr keine Weisungen hinsichtlich ihrer Aufgabenerledigung erteilt werden können". Man habe sich gegen eine Prüfungsgesellschaft aus der freien Wirtschaft entschieden, weil nur so mit der Prüfung unmittelbar begonnen werden konnte. Das BMF wollte sich auf Anfrage nicht äußern und verwies auf die Antworten des Zolls.
Sebastian Fiedler, Sprecher des Bund der Kriminalbeamten, sagte, die Annahme, dass eine Unterabteilung der Generalzolldirektion unabhängig Zollangelegenheiten prüfen könne, sei "ein schlechter Witz". Fiedler fordert nun ebenfalls eine grundlegende Aufarbeitung im Parlament. "Es geht hier um nicht weniger als um Terrorismusfinanzierung und die Finanzgeschäft der organisierten Kriminalität", sagte Fiedler.
Die FIU war in der Vergangenheit immer wieder in die Kritik geraten. Vor rund einem Jahr war die Zuständigkeit vom Bundeskriminalamt zum Zoll verlegt worden: In Folge waren Zehntausende Geldwäscheverdachtsmeldungen liegen geblieben und es kam zu einem Rückstau, der bis heute offenbar nicht abgearbeitet werden konnte. Im Juni musste der damalige FIU-Chef Andreas Bardong die Behörde verlassen.
Einige Probleme schien die Behörde unter neuer Leitung in den Griff bekommen zu haben. So soll die Wartung der fehleranfälligen Software zur Verdachtsmeldung an das Informationstechnikzentrum Bund übertragen werden. Entsprechende Überlegungen seien aber noch nicht abgeschlossen, sagte ein Zoll-Sprecher. Auch organisatorisch hat die FIU sich neu aufgestellt und arbeitet nicht mehr ausschließlich aus Köln heraus: Seit etwa einem Monat gibt es mehrere über das Bundesgebiet verteilte Teams. Ihnen gehören auch Zollfahnder mit Expertise in der Geldwäschebekämpfung an.
Aus FIU-Kreisen war zu vernehmen, dass die Stimmung unter den Kollegen sich mit dem Wechsel an der Spitze und den verschiedenen Optimierungsmaßnahmen aufgehellt habe. Aus Sicherheitskreisen war zudem zu erfahren, dass nach einer Analyse der FIU unlängst ein Landeskriminalamt ein Großverfahren einleiten und einen Geldbetrag in zweistelliger Millionenhöhe sichern konnte.
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