Hamburgs Innenbehörde zeigt Glücksspiel-Anbieter an
Hamburg (ots)
Die Hamburger Innenbehörde hat nach Informationen von NDR und "Süddeutscher Zeitung" Strafanzeige gegen die Glücksspielanbieter Tipico, Bwin und Bet3000 gestellt. Die Staatsanwaltschaft Hamburg bestätigte auf Anfrage, dass sie die Anzeigen gegen die drei Unternehmen aktuell prüfe. Der Vorwurf lautet auf unerlaubte Veranstaltung eines Glücksspiels. Hintergrund sind die Online-Casino-Angebote auf den Webseiten der Unternehmen.
Die Innenbehörde selbst wollte sich zu den konkreten Unternehmen nicht äußern. Sie bestätigte lediglich allgemein, dass sie "Anzeige gegen illegale Anbieter von Sportwetten und Online-Casinos" erstattet habe. Eine strafrechtliche Verfolgung sei erforderlich, sagte ein Sprecher der Behörde, da den Unternehmen schon vor einiger Zeit das Angebot von Online-Casinos untersagt worden sei, diese sich allerdings nicht daran gehalten hätten. Mit den Anzeigen versucht erstmals seit vielen Jahren eine deutsche Innenbehörde strafrechtlich gegen unerlaubte Glücksspiele im Internet vorzugehen.
Tipico, Bwin und Bet3000 sind vor allem als Sportwetten-Anbieter bekannt. Alle drei Unternehmen betreiben aber auch umfangreiche Online-Casino-Spiele auf ihren Webseiten. Experten gehen davon aus, dass Tipico und Bwin gemeinsam Marktführer für Online-Glücksspiel-Angebote sind. Alle drei Firmen haben ihren Hauptsitz offiziell im Ausland, werben aber aktiv um deutsche Kunden.
Tipico ist unter anderem offizieller Partner der Deutschen Fußball Liga und sogenannter Platin-Partner des FC Bayern München. Der andere große Münchner Fußball-Club TSV 1860 trägt das Logo von Bet3000 auf dem Trikot. Für Bwin wirbt neben dem Deutschen Fußball-Bund unter anderem Borussia Dortmund. Diese Art von Werbung sorgte in der Vergangenheit bereits mehrfach für Ärger. Die Bundesliga-Vereine und der DFB betonten dabei stets, lediglich für das Sportwettangebot der Glücksspielfirmen zu werben, nicht aber für die Online-Casinos.
Auf Anfrage zu dem jetzigen Vorgehen der Hamburger Behörde teilte Bwin mit, dass die Anzeige dort nicht bekannt sei. Das Unternehmen verfüge aber über eine Lizenz aus Gibraltar, die auch das Angebot in Deutschland erlaube. Das "deutsche Verbot zur Veranstaltung von Online-Casino-Spielen" finde daher bei Bwin "keine Anwendung", so ein Sprecher. Tipico erklärte, dass man sich zu "einzelnen angeblichen Schreiben oder Verfügungen grundsätzlich nicht äußern" wolle. Das eigene Angebot sei legal. "Dass der bisherige Glücksspielstaatsvertrag dieses verbietet, ändert daran nichts, denn das Online-Casino-Verbot verstößt gegen Europarecht", sagte ein Sprecher. Bet3000 ließ eine Anfrage des NDR unbeantwortet.
Tipico, Bwin und Bet3000 besitzen, wie zahlreiche andere Anbieter von Casino-Spielen, Lizenzen aus dem Ausland, beispielsweise aus Malta (im Falle von Bet3000 und Tipico) oder Gibraltar (Bwin). Ihrer Ansicht nach werden ihre Aktivitäten in Deutschland dadurch europarechtlich gedeckt. Auch im vorliegenden Fall argumentiert Bwin so. Vor wenigen Wochen hat der Bundesgerichtshof allerdings geurteilt, dass in Deutschland nur Glücksspiel anbieten darf, wer hierzulande eine Lizenz dafür besitzt.
Die Strafanzeige gegen Bwin, Tipico und Bet3000 könnte den Streit zwischen den Bundesländern zum Umgang mit Online-Casinos weiter befeuern. Mitte Juni hatte der NDR berichtet, dass die Länder uneins darüber sind, wie mit Online-Casino-Anbietern umgegangen werden soll, solange der neue Glücksspielstaatsvertrag noch nicht in Kraft getreten ist.
Einige Bundesländer, allen voran Hessen, fordern eine Art Duldung dieser Angebote, mit dem Argument, dass sie in Zukunft möglicherweise lizenziert werden könnten. Andere Länder - darunter Hamburg - sind strikt gegen eine solche Duldung und wollen die Anbieter und ihre Zahlungsdienstleister weiterhin verfolgen.
Vergangene Woche äußerte sich dazu auch der Fachbeirat Glücksspiel, der die Bundesländer beim Thema Glücksspiel berät. Das siebenköpfige Expertengremium teilte mit, dass es eine "Duldung illegaler Glücksspielanbieter kategorisch" ablehne. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Daniela Ludwig (CSU), sagte dem NDR, die Debatte sei "überflüssig" und eine Duldung schade der Suchtprävention und dem Jugendschutz. "Firmen, die seit Jahren gegen geltendes Recht verstoßen, dürfen jetzt nicht durch eine Duldung belohnt werden."
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