Entwicklungspolitik muss Landwirtschaft fördern - DBV: Hungersnot in Afrika durch Bürgerkrieg verstärkt, nicht durch EU-Agrarpolitik
Berlin (ots)
(DBV) Spätestens seit der Hungersnot in Somalia steht das Thema Welternährung wieder im Mittelpunkt. "Die Folgen der Dürre in Afrika werden vor allem durch politische Versäumnisse zusätzlich enorm verstärkt". Dies erklärte der Experte des Deutschen Bauernverbandes (DBV) für internationale Angelegenheiten und Welternährung, Willi Kampmann, nach einer Afrika-Reise. Kampmann hatte in Uganda an einer einwöchigen Entwicklungs- und Ernährungsveranstaltung der katholischen Kommission "Justitia et Pax" teilgenommen.
"Die Verhältnisse vor Ort belegen erneut, dass für die Bevölkerung klimatische Widrigkeiten wie die derzeitige Trockenheit weniger dramatische Auswirkungen haben, wenn im Land politisch stabile und weitgehend korruptionsfreie Verhältnisse herrschen", stellte Kampmann fest. Vergleiche man die Lage der Menschen in den von der Trockenheit heimgesuchten afrikanischen Ländern, so müsse man zu dem Urteil kommen, dass Dürre nicht mit Dürre gleichzusetzen sei. In den am schlimmsten von der Hungerkatastrophe heimgesuchten Ländern wie Somalia herrschen Bürgerkrieg, enorme Korruption und es werden seit Jahren Investitionen in eine leistungsfähige Landwirtschaft und eine moderne Infrastruktur unterlassen. Anders als oft behauptet sei die Agrarpolitik der Europäischen Union für die Probleme in der afrikanischen Landwirtschaft nicht verantwortlich zu machen, erklärte Kampmann. Auch die immer wieder öffentlichkeitswirksam geübte Kritik an den Milchexporten der EU treffe nicht zu. Die Menge sei so gering, dass sie für die Probleme Afrikas nicht verantwortlich sei. Sie reiche nicht in Ansätzen zur Versorgung der Bevölkerung und schon gar nicht für Marktstörungen. Jetzt komme es drauf an, den hungernden Menschen in den von der Dürre betroffenen Ländern umgehend schnelle Hilfe zu geben, was nur mit einer außergewöhnlichen Hilfs- und Spendenbereitschaft in den westlichen Länden zu erreichen sei, so Kampmann.
Uganda selbst sei nicht von der lang anhaltenden Dürre betroffen wie die Länder am Horn von Afrika. "Wenn man in Uganda in der Region Luweero über die Felder streift, geht jedem Landwirt das Herz auf", berichtete Kampmann. Die Vegetation sei üppig, die Böden durchweg fruchtbar, das Klima gemäßigt. Zwei Regenzeiten würden in der Regel ausreichend Niederschläge bringen, um sichere und ertragreiche Erträge zu gewährleisten. Zwei Ernten jährlich seien möglich, so dass Uganda eine der Kornkammern Afrikas sein könnte. Trotzdem müsse Uganda nach wie vor Nahrungsmittel importieren. Während die Bevölkerung um fast 3,6 Prozent jährlich wachse, stiege die landwirtschaftliche Produktivität nur um 2,3 Prozent. Trotz des Potenzials in der Landwirtschaft drohe eine zunehmende Versorgungslücke. Wenn dieses Potenzial der Landwirtschaft auch in Uganda nicht ausgeschöpft werden könnte, liege dieses an der unzureichenden Förderung der Landwirtschaft und der ländlichen Räume durch die nationale Politik, wie auch durch die Ausrichtung der bisherigen Entwicklungspolitik, die die Landwirtschaft stark vernachlässigt habe. So seien die Entwicklungen auf den Höfen und bei der Vermarktung der landwirtschaftlichen Produkte stehen geblieben oder hätten sich nur in zu kleinen Schritten verbessert. Auch das praktizierte Erbrecht der Realteilung behindere die Entwicklung der Landwirtschaft, stellte Kampmann fest.
Kampmann beschreibt die landwirtschaftliche Arbeit bei seinem einwöchigen Aufenthalt auf einem 16 Hektar großen Betrieb in Uganda, auf dem überwiegend Mais, Kaffee, Bananen, Kassawa, Erdnüsse und Süßkartoffeln angebaut wurden, geradezu als "einen Schock für einen Landwirt aus Europa". Kochen auf offenem Feuer auf drei Steinen, kein fließendes Wasser, keine Elektrizität und keine Vorratswirtschaft seien normaler Alltag. Das Fehlen von einfachen Maschinen zur Arbeitserleichterung und -unterstützung sowie keine strukturierte Vermarktung seien weitere zentrale Probleme. Die Bauernfamilie, auf dessen Hof Kampmann arbeitete, berichtete von der "Dominanz sogenannter Mittelsmänner", die auf den Höfen Produkte aufkauften und nach Gutdünken Preise auszahlten. Die einzelnen Bauern seien deren Geschäftsgebaren hilflos ausgeliefert. Markttransparenz gebe es nicht, obwohl die Menschen auch in Uganda über Mobiltelefone verfügten, um ein Mindestmaß an Informationen zu erhalten. Doch gäbe es hoffnungsvolle Ansätze. So würden Landwirte - unterstützt von der Caritas der Diözese Luweero - beginnen, sich in örtlichen Gruppen zusammenzuschließen, um die Probleme gemeinsam anzupacken, ein Spar- und Mikrokreditwesen aufzubauen sowie eine gegenseitige fachliche Beratung und gemeinsame Vermarktung. Der Aufbau von Bauernverbänden und Genossenschaften, der Zugang zu Krediten, die Verbesserung der Vermarktung sowie die Schaffung von Markttransparenz seien vielversprechende Entwicklungen, mit denen nicht nur die landwirtschaftliche Produktion verbessert würde, sondern auch soziale Probleme auf den Höfen gelöst würden.
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