Biokraftstoffe machen Deutschland unabhängiger von Erdölimporten - Biokraftstoffbranche sieht preisdämpfende Wirkung an der Tankstelle
Berlin (ots)
Die Beimischung von Biokraftstoffen in herkömmlichen Kraftstoffen verringert die Importabhängigkeit Deutschlands von Erdöl aus Krisenregionen, kurbelt die heimische Wirtschaft durch eine Steigerung der Wertschöpfung an und schafft in Deutschland Arbeitsplätze. Dies erklärten die Vertreter der Biokraftstoffbranche und des Deutschen Bauernverbandes (DBV) vor Journalisten in Berlin. Befürchtungen des Mineralöl-Wirtschaftsverbandes, wonach mit der Beimischung von Biokraftstoffen eine weitere Kostenexplosion an der Tankstelle stattfinden würde, entbehrten jeder Grundlage. Im Gegenteil, eine Beibehaltung der Steuerbegünstigung bis mindestens 2015 würde auf die steigenden Dieselpreise dämpfend wirken. Jeder Verbraucher spüre, wie die Spritpreise derzeit explodierten. Die Erdölrechnung Deutschlands sei von 25 Mrd. Euro in 2004 auf über 37 Mrd. Euro in 2005 gestiegen. Vor diesem Hintergrund sei die augenblickliche Kampagne der Mineralölwirtschaft unlauter und durchsichtig, wenn durch den Mineralöl-Wirtschaftsverband die Initiative der Großen Koalition für Biokraftstoffe als "sechste Ökosteuerstufe mit Mehrkosten von 5 Cent pro Liter" abqualifiziert werde. Die Biokraftstoffe dürften nicht von der Mineralölwirtschaft als Entschuldigung für ihre Preispolitik missbraucht werden.
DBV-Präsident Gerd Sonnleitner konstatierte in der Pressekonferenz ein erhebliches politisches und gesellschaftliches Interesse an dem für Deutschland so aktuell und wichtigen Thema des Marktausbaus für Biokraftstoffe. Die Versorgungssicherheit Deutschlands mit klimafreundlichen und zugleich preiswerten Kraftstoffen gewinne nach den Ereignissen der vergangenen Wochen und Monate in ölreichen Ländern wie Russland und Bolivien mit ihren protektionistischen Entscheidungen eine ganz besondere aktuelle Bedeutung. Die Große Koalition in Deutschland liege deshalb mit ihrem Eckpunktepapier auf dem richtigen Weg, betonte Sonnleitner. Mit der Kombination aus Beimischungspflicht und steuerlicher Begünstigung bei Reinkraftstoffen würde eine effiziente nachhaltige und flächendeckende Markteinführung der Biokraftstoffe gesichert. Die Biokraftstoffbranche sei als erster Sektor der Bioenergie über die Pflichtbeimischung mit Besteuerung in der Lage, die Anschubfinanzierung wieder an den Staat zurückzuzahlen. Das Eckpunktepapier sei in seinen Einzelheiten jedoch noch nicht schlüssig. So dürfe unter anderem der neue Ansatz nicht dadurch konterkariert werden, dass die Steuerbegünstigung für reine Biokraftstoffe nur bis Ende 2009 gelten soll. Die Biokraftstoffbranche benötige genauso eine Planungs- und Investitionssicherheit wie Erdgas als Kraftstoff, für den steuerlich Sondersätze bis zum Jahr 2020 gelten. Dadurch würden Investitionen abgesichert. Der Gesetzgeber habe es durch kontinuierliche Überprüfung selbst in der Hand, das fiskalpolitische Risiko einzugrenzen. Das Ziel der Bundesregierung, so Sonnleitner, müsse es sein, in ihrer EU-Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2007 eine europäische Beimischungspflicht für Biokraftstoffe durchzusetzen. Damit werde Klimaschutz glaubwürdig vertreten und langfristig abgesichert.
Der Vorsitzende des Vereins Landwirtschaftliche Biokraftstoffe (LAB) und CDU-Bundestagsabgeordnete Norbert Schindler betonte, dass die völlige Abschaffung der Steuerregelung für Biokraftstoffe ab 2010 so nicht stehen bleiben könne. Hier ginge es um eine grundlegende Weichenstellung. Denn mittelständische Unternehmen hätten die Biokraftstoffe in den Markt eingeführt und müssten einen gewissen Vertrauensschutz durch die Politik erhalten und nicht durch Markt- und Steuerveränderungen verdrängt werden, so dass die Mineralölkonzerne eine störende Konkurrenz loswerden würden. Mit seinem Kollegen im Deutschen Bundestag, dem SPD-Abgeordneten Dr. Hermann Scheer, sei er einig, dass die völlige Abschaffung der Steuerbefreiung für reine Biokraftstoffe so nicht kommen dürfe.
Der Vorsitzende der Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen (UFOP), Dr. Klaus Kliem, zeigte den erfolgreichen Aufbau eines Marktes für Biokraftstoffe auf. Die deutsche Landwirtschaft habe im Jahre 2005 Raps für die Biodieselproduktion auf ca. 1 Million Hektar angebaut. Das Umsatzvolumen betrage mittlerweile ca. 800 Millionen Euro. Mehr als 300 dezentrale Ölmühlen produzierten Rapsöl, das an etwa 35 Standorten in Deutschland zu Biodiesel verarbeitet werde. Die Anlagengrößen reichten von weniger als 2.000 Tonnen bis über 200.000 Tonnen Produktion. Ende 2007 würde die Gesamtkapazität etwa bei 3,4 Millionen Tonnen Biodiesel liegen, schätzte Kliem. Dies bedeutet, dass in Deutschland 12 Prozent des Dieselverbrauchs durch Biodiesel ersetzt werden könne. Damit leiste Biodiesel einen beachtlichen Beitrag für die Sicherheit der Versorgung Deutschlands mit Kraftstoffen. Kliem verwies darauf, dass die Kraftstoffpreise durch die Beimischungspflicht bei voller Besteuerung des Biokraftstoffanteils und unter Berücksichtigung der Mehrkosten für den Bioanteil um 1 bis maximal 1,4 Cent je Liter steigen würden. Dies sollte Deutschland die Energieversorgungssicherheit und die Mobilität wert sein.
Der Vorsitzende des Vorstandes des Bundesverbandes BioEnergie (BBE), Helmut Lamp, sieht Deutschland in einer europa- und weltweit tragenden Rolle für erneuerbare Energien und Bioenergie. Die Bioenergie sei ein wahrer Konjunktur- und Beschäftigungsmotor und schütze zudem das Klima. In 2005 wurde durch die Bioenergie bereits 37 Mio. Tonnen CO2 eingespart, bis 2020 werden jährlich 120 Mio. Tonnen klimaschädliches CO2 durch die Nutzung von Stromwärme und Kraftstoffe aus Biomasse reduziert. Trotz langsamen Wachstums der Gesamtwirtschaft verzeichne die Bioenergiebranche über alle Marktsegmente Strom, Wärme und Kraftstoffe ein durchschnittliches jährliches Marktwachstum von 40 Prozent. Der Gesamtumsatz der Bioenergiebranche sei in 2005 bereits auf über 6 Mrd. Euro angewachsen, 57.000 zukunftsträchtige Arbeitsplätze seien geschaffen worden. Dies sei jedoch erst der Beginn einer dynamischen Branchenentwicklung. Bis 2020, so Lamp, werde die deutsche Bioenergiebranche das Investitionsvolumen auf 20 Mrd. Euro ausweiten und bis 2030 insgesamt 200.000 Arbeitsplätze im Bioenergiesektor schaffen.
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