Vierte deutsch-chinesische Jahrestagung der WirtschaftsWoche in Berlin
Düsseldorf (ots)
Anlässlich des deutsch-chinesischen Wirtschaftskongresses diskutieren Experten mit rund 140 Teilnehmern die Chancen und Herausforderungen im China-Geschäft.
Berlin/Düsseldorf. 27. Oktober 2006. Jürgen Hambrecht, Vorstandschef des Chemiekonzerns BASF und Vorsitzender des Asien-Pazifik-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft setzt bei der Zusammenarbeit mit China vor allem auf Partnerschaft, die aber keine Einbahnstraße sein dürfe. Hambrecht macht für Chinas Wirtschaftspolitik drei Herausforderungen aus, die zugleich Chancen für deutsche Wirtschaftspartner seien: die technologische Aufwertung, den Umweltschutz und soziale Ungleichheiten. Im Bereich der Technologie könnten innovative Unternehmen China beim technologischen "Upgrade" unterstützen und gleichzeitig selbst davon profitieren.
Technologietransfer, so Hambrecht, dürfe aber keine Einbahnstraße sein. "Auflagen zum Technologietransfer im Gegenzug für Investitionsgenehmigungen oder öffentliche Aufträge, der Zwang zu Joint Ventures oder zur Zusammenarbeit mit chinesischen Designinstituten sind sicher nicht im Sinne einer solchen Partnerschaft", so der BASF-Chef auf der vierten deutsch-chinesischen Jahrestagung der WirtschaftsWoche in Berlin.
Um beim technologischen Austausch aus der Einbahnstraße eine Zweibahnstraße zu machen, seien, so Hambrecht, "konkrete Schritte notwendig". Zwar habe China in den letzten 20 Jahren große Anstrengungen unternommen, einen verlässlichen Rechtsrahmen zum Schutz geistigen Eigentums aufzubauen. Man müsse aber auch konstatieren, dass dieser Rechtsrahmen in der Praxis noch nicht genügend greift.
Hambrecht schlägt darum vor, dass Deutschland China bei der Schulung von Richtern und Anwälten weiter unterstützt. Zum Abbau von Handelshemmnissen müsse außerdem, so der APA-Chef, die gegenseitige Anerkennung von Prüfergebnissen auf Grundlage international gängiger Normen sichergestellt werden.
Positiv vermerkt Hambrecht, dass China seine "Türen und Fenster von Beginn an weit aufgemacht hat für Ausländer. Das ist mutig und klug zugleich." Sorge bereite allerdings, dass China Angst vor seiner eigenen Courage kriegen könnte "und einige Fenster wieder schließt." Die nationale Politik in der letzten Zeit deute in diese Richtung. Strikte und für Ausländer nachteilige Vorgaben beispielsweise für den Automobil- und den Stahlsektor, Zertifizierungsvorschriften oder erzwungener Technologietransfer seien nicht dazu angetan, die an sich sehr guten deutsch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen zu beflügeln.
Ein konsequentes Vorgehen gegen Produktpiraterie kündigt Ma Canrong, Chinas Botschafter in Deutschland, an. "Wir müssen dem Schutz geistigen Eigentums eine Härte geben wie Eisen und Stahl", so Ma. Sein Land werde die Bemühungen auf diesem Gebiet, insbesondere bei der Umsetzung entsprechender Gesetze, verstärken. "Es gilt strikter gegen die Verletzung geistigen Eigentums vorzugehen."
Vor Blauäugigkeit im China-Geschäft warnt unterdessen Jürgen Fitschen, Head of Regional Management der Deutschen Bank. "Es gibt kein Land, bei dem man so viel Hausaufgaben machen muss wie für China", so Fitschen. Ein Unternehmen, das ein Engagement in China in Erwägung zieht, müsse sich genau überlegen, wie dieses Engagement in die gesamte Unternehmensstrategie passt.
Doch deutsche Unternehmen engagieren sich nicht nur in China. Auch immer mehr chinesische Firmen gründen Niederlassungen im Ausland oder kaufen Unternehmen in Europa, den USA und asiatischen Nachbarländern.
"Chinesische Unternehmen wollen ins Ausland und müssen ins Ausland", erklärte Margot Schüller, stellvertretende Direktorin des Instituts für Asienkunde in Hamburg, auf der vierten deutsch-chinesischen Jahrestagung der WirtschaftsWoche in Berlin. Grund für den Expansionsdrang sei der wachsende Konkurrenzdruck in der Heimat, aber auch das Bestreben der chinesischen Regierung, in den kommenden Jahren global wettbewerbsfähige Konzerne zu schaffen.
Schüller unterscheidet zwei Wege des Engagements chinesischer Firmen im Ausland. Zum einen bauen Unternehmen neue Produktionsstätten jenseits der Heimat auf; zum anderen suchen sie nach kleineren und mittleren Betrieben, die sich für eine Übernahme eignen. "Dabei verfolgen sie das Ziel, Technologie, eingeführte Marken und Vertriebsnetze zu erwerben", so Schüller in Berlin.
Tatkräftig unterstützt bei ihren Expansionsplänen werden Chinas Unternehmen oft von den staatlichen Banken, die ihnen günstige Kredite zur Verfügung stellen.
Die chinesischen Investitionen im Ausland sind in den vergangenen Jahren kräftig gestiegen. Lagen sie vor wenigen Jahren noch bei wenigen hundert Millionen US-Dollar, verbuchten die chinesischen Behörden im vergangenen Jahr bereits 6,9 Milliarden US-Dollar, die Chinas Firmen im Ausland investiert haben. Im ersten Quartal des laufenden Jahres lagen die chinesischen Auslandsinvestitionen bereits bei 2,8 Milliarden US-Dollar - ein Anstieg von 280 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum, so Schüller vor den rund 140 Teilnehmern des WirtschaftsWoche-China-Kongresses. Die tatsächliche Höhe des Engagements ist nach Schüllers Berechnungen sogar zwei- bis dreimal so hoch, da beispielsweise Investitionen von Unternehmen aus Hongkong nicht erfasst werden.
Die wichtigsten Zielländer der chinesischen Investoren sind dabei immer noch die asiatischen Staaten. Etwa 60 Prozent der chinesischen Auslandsinvestitionen fließen in die Länder der Region. Europa liegt mit einem Anteil von drei Prozent noch weit hinten.
Doch trotz des geringen Anteils verbuchen auch einige deutsche Städte in jüngster Zeit ein spürbar steigendes Engagement chinesischer Unternehmen. So zählt die nordrhein-westfälische Landeshauptstadt Düsseldorf inzwischen 180 chinesische Firmen. Zu ihnen gehört neben vielen kleinen Firmen auch der Telekomausrüster Huawei aus dem südchinesischen Shenzhen. Erst kürzlich hat das Unternehmen 3200 Quadratmeter Bürofläche in Düsseldorf angemietet und will dort demnächst 200 Mitarbeiter beschäftigen. Erste Aufträge konnte Huawei sich bereits beim Mobilfunkanbieter Vodafone in Düsseldorf sichern.
Düsseldorfs Oberbürgermeister Joachim Erwin sieht die Ursache für den Ansiedlungserfolg vor allem in der Gründung des China-Kompetenzzentrums der Stadt vor zwei Jahren. "Als ich damals ankündigte, dafür chinesische Mitarbeiter einstellen zu wollen, gab es bei einigen unserer Kommunalpolitiker erst Mal Stirnrunzeln", so Erwin vor den Teilnehmern des WirtschaftsWoche-China-Kongresses. Nach den ersten Erfolgen der jüngsten Vergangenheit seien die Zweifel aber gewichen.
Bilder des Kongresses: http://www.konferenz.de/fotos-china06-pr
Autor: Matthias Kamp, WirtschaftsWoche
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