Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Ausrichtung der SPD
Bielefeld (ots)
Prominente Übertritte zu den Linken, miserable Umfragewerte und ein Vorsitzender Kurt Beck, dem selbst viele Genossen nicht zutrauen, bei der nächsten Bundestagswahl ein ernstzunehmender Herausforderer Angela Merkels zu sein - zu Beginn der parlamentarischen Sommerpause macht es wenig Spaß, Sozialdemokrat zu sein. Wohin führt der Weg der SPD? Die Diskussion über den weiteren Kurs der Partei wird noch so manches Sommerloch füllen. Die SPD ist aber auch wirklich nicht zu beneiden. Auf der einen Seite die Union mit einer starken Kanzlerin, auf der anderen Seite die neue Linke mit einem populistischen Oskar Lafontaine, dessen schillernde Versprechungen zwar wenig mit der Realität zu tun haben, aber dennoch bei so manchem Genossen verfangen, wie nicht zuletzt die Parteiaustritte beweisen. Die SPD befindet sich in einer Art Sandwichposition, da hat Niedersachsen Regierungschef Christian Wulff gar nicht mal so unrecht. Aber was die Partei auch macht, es wird nicht einfach, sich aus dieser Zwickmühle zu befreien. Denn die schon seit Monaten laufende Debatte hilft - noch - nur der Union und den Linksaußen. Von den Bürgern wird die SPD nicht mehr als Partei des Sozialen und der Gerechtigkeit angesehen. Das ist eine nicht gerechte Quittung für den Mut der Parteioberen zu unbequemen, aber notwendigen Reformen. SPD-Chef Beck will gegensteuern, indem er das Verhältnis zur Union abkühlen lassen möchte. Heißt: Die Bereitschaft zu weiteren Reformen stößt in der SPD an Grenzen. Und die Linken, die will SPD-Fraktionschef Peter Struck attackieren. Im Grunde ist es der einzige Weg: in die Offensive gehen und den ehemaligen Sozialdemokraten Lafontaine und seine Mitstreiter aus der früheren SED mit ihren irrealen Vorschlägen demaskieren. Ja, wenn da nicht 40 Prozent der Bürger und sogar 48 Prozent der SPD-Anhänger die Forderungen Lafontaines nach Mindestlohn für alle sowie einer Rücknahme der Hartz-IV-Reformen und der Rente mit 67 für richtig halten würden. Mit Populismus hat es der SPD-Vorsitzende Lafontaine früher schon verstanden, die Menschen auf seine Seite zu ziehen, mit seinen falschen Versprechungen gelingt ihm dies als Linken-Chef jetzt wieder. Er hat es geschafft, dass viele in der Nachfolgepartei eines Walter Ulbrichts und Erich Honeckers heute eine Partei mit einem realisierbaren Programm sehen. Dem Rattenfänger aus dem Saarland kommt der Umstand zugute, dass die Mehrzahl der Bürger nicht mehr reformwillig ist. Hier sollte die SPD ansetzen, klarmachen, dass allein bei wohlklingenden, aber leeren Versprechungen der gerade erst flottgemachte Dampfer Deutschland schnell wieder an Fahrt verlieren kann. Hier liegt aber auch das Dilemma: Schon Gerhard Schröder hatte es schwer, seine Reformen in der Partei durchzusetzen. Seit der Zeit ist die Bereitschaft in der SPD zu Reformen aber keinesfalls gestiegen.
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