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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Sinkewitz

Bielefeld (ots)

Überrascht?
 Nein, nicht wirklich. Denn es musste ja damit gerechnet werden: 
Diese Tour de France wird ihren Dopingfall zwischen die Speichen 
bekommen. Früher oder später.
Entsetzt?
Schon eher. Über die Tatsache, dass trotz aller Mahnungen und 
Warnungen, trotz erhöhter Kontrollen und massiver Strafandrohungen 
wieder mal mindestens ein Fahrer sehr wahrscheinlich so dumm und 
dreist gewesen ist, verbotene Substanzen zu nehmen. Patrik Sinkewitz 
wurde am 8. Juni positiv getestet, und das ist für den verseuchten 
Radsport höchst negativ.
Enttäuscht?
Aber sicher. Zumindest die Verantwortlichen seines Rennstalles 
müssten es sein. Ausgerechnet erneut ein Fahrer ihres Teams, das sich
als besonders sauber darstellte. Es ist ja auch anzuerkennen, dass 
sie bei T-Mobile viel getan haben, um endlich mal eine junge, 
unbelastete Mannschaft an den Tour-Start zu bringen. Aber in dieses 
geschönte Bild passte nie die Weiterbeschäftigung ihres 
Sport-Direktors. Rolf Aldag hätte nach seinem Doping-Geständnis 
entlassen werden müssen. Die Quittung: Jetzt prüft T-Mobile sogar die
radikale Rad-Entsorgung.
Verärgert?
Und wie! Hier dürften die Herren Günter Struve, Programmdirektor der 
ARD, und Nikolaus Brender, Chefredakteur des ZDF, sofort mit einem 
ganz lauten »Ja« antworten. Sie hatten sich trotz drohender 
Doping-Enthüllungen für die Übertragungen von der Tour entschieden. 
Allerdings nur auf Bewährung: Wenn etwas passiert, dann wird 
abgeschaltet. Aber, welche Freude, es schalteten immer mehr Zuschauer
ein. Je steiler es in die Berge ging, desto höher kletterte auch die 
Quote.
Verlogen?
Vielleicht. Denn es waren vor allem ARD und ZDF, die diese Tour über 
Jahre wie ein Heldenstück servierten. Als Sponsor hockte vor allem 
die ARD sogar mit auf dem Sattel, Jan Ullrich erhielt dicke 
Privat-Verträge. Das Thema Doping kam in den Berichten höchst selten 
vor. Inzwischen ist alles anders. Jetzt spielen sie sich wie die 
öffentlich-rechtlichen Oberkontrolleure auf.
Versagt?
Haben fast alle. Natürlich in erster Linie die verantwortungslosen 
Medizinmänner, die die Behandlung durchführten. Dann 
selbstverständlich die leichtsinnigen Fahrer, die schluckten und sich
spritzen ließen. Die skrupellosen Rennstall-Leiter, die diese 
»Betreuung« forderten oder zumindest zuließen. Und schließlich die 
internationalen und nationalen Fach-Verbände, die viel zu wenig für 
die Aufklärung getan haben. Aber die meisten Medien tragen ebenfalls 
eine Mitschuld. Nicht allein ARD und ZDF. Auch diese Zeitung, die 
einst Jan Ullrich feierte - wie viele andere Blätter. Obwohl schon 
damals der Verdacht immer mitfuhr: Ist der Junge wirklich sauber?
Und jetzt?
Die Tour abschaffen? Die letzte Luft aus den Reifen lassen? Wobei 
längst klar ist: Es sind nicht nur die Radfahrer, die betrügen. Die 
knallharte Konsequenz wäre die Einstellung der Berichterstattung über
jede Art von »Sp(r)itzensport«.
 Wer will das? Wer wagt das?

Pressekontakt:

Rückfragen bitte an:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

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