Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) kommentiert zu Meisners Predigt
Bielefeld (ots)
Kölns Kardinal Joachim Meisner ficht mit scharfer Klinge. Das ist bekannt. Gerade einmal zwei Jahre ist es her, dass er die Abtreibung mit dem Holocaust verglich, was ihm erst massive Proteste der jüdischen Gemeinde einbrachte und ihn später zu Klarstellung und Korrektur zwang. So weit ist es diesmal noch nicht. Meisner weist die Kritik an seiner Predigt vom Freitagabend entschieden zurück. Der Vorwurf, er habe sich die Sprache der Nationalsozialisten zu eigen gemacht, als er sagte, da wo die Kultur von der Gottesverehrung abgekoppelt werde, erstarre der Kultus im Ritualismus »und die Kultur entartet«, sei absurd. Kölns Generalvikar Dominik Schwaderlapp sagt gar: »Nichts liegt dem Kardinal ferner als das nationalsozialistische Gesellschaftsbild oder Kulturbild.« Ein sprachlicher Ausrutscher also? Wohl kaum: Der Kardinal ist ein geübter Redner. Er weiß, wie Worte wirken und was sie bewirken können. Mangelndes Geschichtswissen zur Entlastung des 73-Jährigen anzuführen, ist ebenso unangebracht. Aus beidem aber folgt: Meisner hat seine Worte bewusst gewählt. Nun ist er einem dumpfen Verdacht ausgesetzt. Dafür trägt er die Verantwortung. Dafür wird er sich ebenso rechtfertigen müssen wie für seine pauschale Abwertung nichtreligiöser Kunst, die nicht weniger abwegig erscheint.
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