Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Tag der Deutschen Einheit
Bielefeld (ots)
Der Tag der Deutschen Einheit ist immer wieder so ein Tag, über den Wiedervereinigungsprozess, über dieses unverhoffte Geschenk der Geschichte nachzudenken. Auch 17 Jahre danach gibt es viel Kritisches zu diesem Prozess zu sagen. Vieles läuft noch lange nicht so, wie es sollte. Weiterhin gibt es große Unterschiede zwischen Ost und West. Da ist die nach wie vor hohe Arbeitslosigkeit in weiten Teilen der fünf neuen Ländern. Wenn auch gesagt werden muss, dass es mittlerweile blühende Landschaften im Osten gibt, auf die so manche westdeutsche Region neidisch sein kann. Da werden die unterschiedlichen Löhne beklagt, durch die sich viele der Ostdeutschen als Menschen zweiter Klasse fühlen. Vergessen wird dabei gern, dass Mieten und andere Kosten immer noch niedriger sind. Noch bestehende Unterschiede lassen sich nicht von heute auf morgen reparieren, doch in einem Jahrzehnt wird es möglich sein, gleichwertige Lebensverhältnisse zu schaffen. Dafür wird natürlich der Solidarpakt II weiterhin gebraucht und auch der Solidaritätszuschlag sollte noch nicht abgeschafft werden, wie es gerade jetzt wieder zum Tag der Einheit gefordert wird. Es sind vor allem die Menschen selbst, die sich beim Zusammenwachsen im Wege stehen. Zwar finden es 75 Prozent der Menschen in Ost und West gut, dass die Mauer beseitigt ist, doch es ist die emotionale Spaltung, die noch am meisten trennt. Auch 17 Jahre nach der Wiedervereinigung sind viele Westdeutsche noch nie in Leipzig, Cottbus, Chemnitz oder Dresden gewesen. In den fast vier Jahrzehnten seit dem Mauerbau hatte man sich auseinandergelebt. Es sollte nicht noch einmal so lange dauern, um die innere Einheit wiederzufinden. Es liegt vor allem an den Westdeutschen, sich hier einen Ruck zu geben. Die Menschen in den neuen Ländern gehen mit gutem Beispiel voran: 54 Prozent fühlen sich wieder eher als Deutsche denn als Ostdeutsche. Es wundert nicht, dass es die Linkspartei, die ihren Ursprung in der früheren SED hat, die Einheit als gescheitert ansieht. Es ist schon ein Hohn, wenn diese Partei, die die DDR niedergewirtschaftet hat, jetzt die hohe Arbeitslosigkeit kritisiert und beklagt, die Meinung der Ostdeutschen habe in der Geschichte der Wiedervereinigung nur eine untergeordnete Rolle gespielt. Unter der SED spielten die Bürger überhaupt keine Rolle. Da kommt die überfällige Debatte um Verantwortung und Schuld in der DDR vielleicht noch nicht zu spät. Wie sagte doch der frühere Hamburger Bürgermeister Klaus von Dohnanyi über den Fraktionschef der Linken, Gregor Gysi: »Er kann sich wie ein Seehund unter Wasser ohne eine Welle um 180 Grad drehen.« Die »SED-PDS-Linke« hat sich mit ihm gedreht. Allen Gysis und Biskys zum Trotz: Es läuft noch nicht rund, doch die Kluft zwischen Ost und West schließt sich weiter. Lassen wir uns den Tag der Einheit nicht vermiesen.
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