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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Merkel-Putin

Bielefeld (ots)

Na, wunderbar: Die deutsch-russischen
Beziehungen entwickeln nach Ansicht von Bundeskanzlerin Angela Merkel
(CDU) eine große Vielfalt. Zu Öl- und Gasgeschäften käme eine ganze 
Reihe weitere Kooperationen in Wirtschaft, Forschung und Sicherheit 
hinzu, berichtete sie gestern voller Stolz zum Abschluss der 
deutsch-russischen Regierungskonsultationen in Wiesbaden. Merkels 
Bekenntnis: »Das Herzstück ist die wirtschaftliche Zusammenarbeit.«
 Da ließ sich Besucher Wladimir Putin auch nicht länger bitten und 
lobte vor Journalisten aus beiden Ländern eilfertig das Verhältnis 
zur Kanzlerin als »geschäftsmäßig und vertrauensvoll«.
 Na, bitte!
Wie bitte?
Ist es nicht gerade ein halbes Jahr her, dass in Samara an der Wolga 
die Fetzen flogen? Gerieten sich Merkel und Putin bei vergleichbaren 
Gesprächen nicht gar öffentlich in die Haare? Nicht wenigen im 
Pressetross klangen gestern noch die Ohren von Merkels damaliger 
Bemerkung auf dem Rückflug: Vielleicht sei es gar nicht so schlecht, 
wenn die Medienleute einmal mitbekämen, wie es zugeht, wenn Klartext 
gesprochen wird - deutsch-russischer Dialog ohne falsche 
Beschönigung.
Außerdem: Die »Sowjetisierung Russlands« (Sabine 
1Leutheusser-Schnarrenberger) hat im vergangenen halben Jahr 
keineswegs nachgelassen, eher an Geschwindigkeit gewonnen. Ob 
Menschenrechte, Pressezensur oder letzte Spielräume für 
Oppositionelle - nichts hat sich in der Zwischenzeit zum Guten 
gewendet. Klarer könnte der Gegensatz zur Merkel-Putin'schen 
Beziehung kaum sein.
Alle vermeintlichen Fortschritte bleiben auf die Spitzenebene 
beschränkt. Das machte der »Petersburger Dialog«, im Kern nicht mehr 
als Begleitmusik zum Promi-Treff, seit Sonntag deutlich. Immerhin, 
hätte es die Konferenz gleich nebenan nicht gegeben, wäre gar nicht 
über die unverändert lange Liste demokratischer Defizite gesprochen 
worden.
Die hohe politische Kunst Merkels und Putins entsprach der 
einfachsten diplomatischen Grundregel, die es gibt: Ausklammern. Mit 
der Beschränkung auf wirtschaftspolitische Themen und einem möglichst
engen Zeitrahmen zwischen Schneesturm am späten Sonntagabend in 
Moskau und Weiterflug Putins nach Teheran noch am Montagnachmittag 
konnte nichts schiefgehen.
 Die Öffentlichkeit wird nie erfahren, welche Seite das 
Verhandlungskorsett strammer geschnürt sehen wollte. Putin durfte 
sicher sein, dass Merkel diesmal handzahm blieb. Auch die deutschen 
Außenpolitiker wussten ihre Chefin gegen alle Unannehmlichkeiten 
danach zuverlässig abgeschrimt.
 Na, schön, dass sie sich diesmal vertragen haben. Wirklich ernst 
wird es nämlich schon bald wieder, falls
- sich Putin nach der Duma-Wahl am 2. Dezember an der Macht 
festbeißt,
- am 10. Dezember die Kosovo-Politik Totalschaden erleidet,
- am 12. Dezember der KSE-Abrüstungsvertrag ausläuft und ein ganz 
neues Wettrüsten zulässt.

Pressekontakt:

Rückfragen bitte an:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

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