Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) schreibt über die Gerichtsurteile zur Kunstfreiheit:
Bielefeld (ots)
In diesem Land ist die Freiheit der Kunst gesichert. Das Bundesverfassungsgericht erlaubt es jedem Schriftsteller, reale Personen als Vorbild für fiktive Erzählungen und Romane zu wählen. Das heißt, wer sich in einem Buch wiedererkennt, braucht vor Gericht ein starkes Argument - seit gestern nämlich ist klar, dass nur ein einziges zählt: die Darstellung des Sexualverhaltens des Klägers. Maxim Biller hatte in »Esra« seine einstige Freundin als Betthasen porträtiert - das war und bleibt verboten. Lutz Hübner hingegen, dessen Theaterstück »Ehrensache« zwar um ein sexuelles Thema kreist, ohne jedoch das reale Mädchen beim Beischlaf vorzuführen, ist nicht zu beanstanden. Und »Pestalozzis Erben«, die Notizen eines Lehrers, widmen sich dem Alltag - da muss man es aushalten, wenn man sich wiedererkennt, auch wenn die literarische Skizze der eigenen Persönlichkeit nicht gerade schmeichelhaft ausfällt. Gestern war zu hören, Karlsruhe mache es den Schriftstellern schwer, denn sie müssten fortan eines »ewigen Themas« entsagen: der Sexualität. Müssen sie? Ja, aber nur dann, wenn sie die Intimsphäre einer realen Person in die Öffentlichkeit zerren. Aber das gehört sich sowieso nicht. Gute Autoren, denen es um Kunst und nicht um Vergeltung für enttäuschte Gefühle geht, schöpfen auch bei Bettszenen aus der Phantasie. Das ist legal. Seien wir ehrlich: Das liest sich auch besser.
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