Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur positiven Wende am Ausbildungsmarkt
Bielefeld (ots)
Die positive Nachricht des Tages kommt vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK): Deutsche Unternehmen werden 2008 erstmals seit sieben Jahren mehr Lehrstellen anbieten als es Bewerber gibt. Dank der guten Konjunktur ist der Bedarf an Auszubildenden in den Unternehmen gestiegen. Die Zahl der bereits abgeschlossenen Ausbildungsverträge ist um 6,4 Prozent höher als vor einem Jahr. Von »glänzenden Aussichten für Jugendliche bei der Lehrstellensuche« spricht DIHK-Präsident Ludwig Georg Braun. Sinkende Arbeitslosenzahlen, ein Lehrstellenangebot größer als die Nachfrage - wenn das keine fantastischen Wirtschaftsmeldungen sind. Dazu passt die positive Entwicklung der deutschen Chemieindustrie, die mit einem Umsatzplus ins Jahr gestartet ist, wunderbar ins Bild. Alles Friede, Freude, Eierkuchen also auf dem Arbeitsmarkt? Nein. Denn so sehr man sich heute über die guten Zahlen freuen mag - so sehr muss man sich um die Zukunft Sorgen machen. In Deutschland werden bis zum Jahr 2020 etwa 2,5 Millionen Arbeitskräfte fehlen. Das geht aus der Zukunftsstudie »Deutschland 2020« der Unternehmensberatung McKinsey hervor. Was bedeutet das für Deutschland? Es bedeutet, dass das Land »auf einen bedrohlichen Engpass« im Arbeitsmarkt zusteuert, wie McKinsey es vorhersagt. Und dieser Engpass lässt sich nicht ohne weiteres beheben. Schuld an dem Problem ist die zunehmende Alterung der Bevölkerung, aber auch die Tatsache, dass unsere Bildungspolitiker nicht an den richtigen Stellen ansetzen, um die schwierige Situation zu meistern. Ein Schritt in die richtige Richtung wäre es, Menschen mit beruflichen Qualifikationen noch stärker zu fördern, als es bisher der Fall ist. Mehr Frauen, mehr Ältere und mehr junge Menschen müssen in Beschäftigung gebracht werden. Deutschland liegt mit einer Frauenerwerbsquote von etwa 60 Prozent abgeschlagen hinter der europäischen Spitze zurück. In Schweden und Dänemark sind 75 Prozent aller Frauen erwerbstätig. Auch das Werben für naturwissenschaftliche und technische Berufe wird in Deutschland vernachlässigt. Das Fehlen von Fachpersonal bedeutet auch, dass der Wettbewerb um die besten Mitarbeiter immer härter wird. Und wenn Deutschland das dringend benötigte Fachpersonal nicht zu bieten hat, werden die Unternehmen über den Tellerrand schauen oder das Land verlassen. Ein Beispiel dieser besorgniserregenden Entwicklung liefert der Düsseldorfer Kunststoffmaschinen-Hersteller Krauss Maffei. Die Firma expandiert wegen des Mangels an Ingenieuren hierzulande im Ausland. Um die vielen zusätzlichen Aufträge abzuarbeiten, baue der Konzern im slowakischen Zilina ein neues Konstruktionszentrum auf und stelle dafür in den nächsten zwei Jahren 80 Ingenieure ein. Diese Ingenieure könnten aus Deutschland kommen - wenn es sie denn gäbe.
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