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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Olympische Spiele

Bielefeld (ots)

Chinas eiskaltes Kalkül geht auf. Die
Olympischen Spiele in Peking laufen nahezu perfekt und der Sport 
feiert Triumphe, die dunkle Seite der Macht wird jedoch mit jedem 
Wettkampftag mehr ausgeblendet. Tibet, Internet-Zensur und 
Säuberungen interessieren kaum noch einen.
Ganz klar: Wettkämpfe, Sieger, Verlierer, große und kleine Dramen 
faszinieren und verdienen unsere uneingeschränkte Aufmerksamkeit. 
Niemandem soll die Begeisterung genommen, die Freude am Sport getrübt
werden.
 Aber: Außerhalb der Stadien spielt der weltgrößte Polizei- und 
Spitzelstaat seine miese Macht so ungeniert aus, als gäbe er derzeit 
gar keine Olympischen Spiele. In den eigens eingerichteten drei 
Protestzonen in Peking hat noch niemand demonstriert. Dafür sind aber
mindestens zwei Antragsteller verhaftet worden.
Lhasa, die Hautstadt der nach Völkerecht kulturell eigenständigen 
chinesischen Provinz Tibet, befindet sich im Belagerungszustand. 
Militärpatrouillen und Ausweiskontrollen sollen der Sicherheit 
dienen. Die Tibeter - und auch die Uiguren im Nordwesten - haben 
verstanden, sie sind starr vor Angst.
Vor allem die Aufforderung an die Klöster, alle Teilnehmer der 
Proteste im März sollten sich selbst anklagen, um ihre 
»mittelschwere« bis »schwere Strafe« zwecks Umerziehung anzutreten, 
zeugt von brutaler Entschlossenheit der Zentralregierung.
Chinas langer Arm im Internet reicht fast bis zu uns. Wer 
www.hrchina.org aufruft, kommt seit Wochen nicht mehr über die 
Startseite hinaus. Dabei stehen die Server von »Human Rights China« 
selbstverständlich nicht hinter der chinesischen Mauer. Deren 
besondere Aktion für Gewissensgefangene findet hierzulande dennoch 
statt. Amnesty hat sechs besondere Schicksale unter 
www.goldfuermenschenrechte.de ins Netz gestellt. Seit dem 13. Juli 
haben sich schon 120 000 Leser einer Petition an die chinesische 
Regierung angeschlossen.
Als George W. Bush am vergangenen Montag in Peking zum Gebet in die 
protestantische Kuanjie-Kirche fuhr, wurde ein anderer 
Gottesdienstbesucher ein paar Straßen weiter festgehalten: Hua Huiqi,
Sprecher der christlichen Hauskirchenbewegung, sollte den 
US-Präsidenten auf keinen Fall sprechen.
 Abgefunden hat man sich offenbar auch mit der Gängelung des IOC. Wer
es früher nur ahnte, fühlt sich inzwischen absolut bestätigt. Jacques
Rogge und wohl auch Michael Vesper haben sich von den Chinesen nach 
Strich und Faden über den Tisch ziehen lassen.
Wichtig ist, dass die kritische Aufmerksamkeit der Welt eben nicht 
nachlässt. Weder die Regierung noch der riesige Polizeiapparat, wohl 
aber die Chinesen selbst machen in diesen Wochen eine wichtige 
Erfahrung. Sie beobachten landesweit, wie hysterisch ihre Führung auf
jede, noch so harmlose Anzweifelung reagiert.
Menschen in Diktaturen spüren deutlicher als wir, wenn hinter den 
harten Mienen der Mächtigen leise Angst vor dem eigenen Volk 
aufkommt. Das bleibt haften.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original content of: Westfalen-Blatt, transmitted by news aktuell

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