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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Olympia

Bielefeld (ots)

Es war wirklich nicht alles goldig, was die
deutschen Athleten in Peking abgeliefert haben. Doch Rang fünf im 
abschließenden Medaillenspiegel ist ja nicht wirklich schlecht.
Vor dem Team in Schwarz-Rot-Gold lagen nach 302 Entscheidungen nur 
China, USA, Russland und Großbritannien. Was für ein Ausmaß an 
Größenwahn, wenn Ex-Leichtathletikboss Helmut Digel fordert, man 
müsse wieder unter die ersten Drei als Sportnation Deutschland! Denn 
der Gastgeber wie auch die ehemaligen kalten Krieger verfügen über 
ganz andere menschliche Mittel, außerdem sind die Top drei von Peking
auch die Top drei der dopingverseuchtesten Länder dieser Welt.
Großbritannien dagegen ist ein Land, mit dem man sich messen kann. 
Von dem schnell gelernt werden sollte.
Vielleicht hätte es ein echtes deutsches Debakel geben müssen. Denn 
erst eine große sporttraumatische Erfahrung führt zu Veränderungen. 
Die Engländer erlitten sie 2004 und haben reagiert - auch weil sie 
2012 der nächste Ausrichter der Spiele sind.
»Ich würde mir verbitten zu sagen, das geht nur mit Doping. Hinter 
den extremen Leistungen steht vor allem die starke 
Professionalisierung des Sports.« Das meint der ehemalige Albatros 
Michael Groß. Die Möglichkeit, sich voll auf den Sport konzentrieren 
zu können, dabei aber nicht um die Existenz nach dem Ende der 
Laufbahn bangen zu müssen, wird in Deutschland zu wenig geboten. Nur 
zu wenige setzen deshalb alles auf die Karte Leibesertüchtigung. Das 
ist ihnen nicht vorzuwerfen. Es ist eine unerträgliche Heuchelei, 
dass Funktionäre und Politiker und auch Sportfans erwarten, dass für 
Peanuts Gold am Fließband aus dem olympischen Feuer geholt wird.
Paradebeispiel Leichtathletik: Als Konsequenz aus dem schlechten 
Abschneiden 2004 wurden dem deutschen Verband Mittel gestrichen. Wie 
bitte sollen sich die Leistungen verbessern, wenn an Trainern, 
Trainingslagern, an Leistungsdiagnostik und ähnlichem gespart werden 
muss? Die Quittung gab es in Peking - und bis zur WM 2009 in Berlin 
ist eine Besserung nicht in Sicht.
Genauso groß ist die Heuchelei natürlich auch bei den Aktiven. Nicht 
nur, weil jemand schnell ist, weiter springt oder wirft, ist er 
gedopt. So gewinnt man sicher jede Wette, wenn man darauf setzt, dass
Supersprinter Usain Bolt in diesem Jahr häufiger kontrolliert wurde 
als Schnecke Tobias Unger.
Das größte Maß an Heuchelei war aber die Erwartung, dass der Sport 
politische Probleme lösen kann. Es war sicher ein Fehler des IOC, 
Olympia nach Peking zu vergeben. Doch in den Wochen vor und während 
der Spiele wurde in Deutschland mehr über Menschenrechtsverletzungen 
und Pressezensur diskutiert und geschrieben als in den Jahren zuvor. 
Machen deutsche Wirtschaftsunternehmen im Reich der Mitte 
Millionen-Gewinne, finden sich die Worte Diktatur und Tibet nicht mal
im Kleingedruckten. Dafür das 17. Gold - in der Disziplin Heuchelei.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

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