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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur SPD

Bielefeld (ots)

Die SPD wandelt auf schwierigen Pfaden. Zwei
DIN-A4 Seiten Links-Programmatik - angeblich nicht mehr als ein 
»Papier« - bieten seit gestern einen weiteren Trittstein auf dem Weg 
ins Abseits. Andrea Ypsilantis Flirt mit Linksaußen, die Vertreibung 
von Clement sowie Kurt Becks Unvermögen, die Zügel zu führen, haben 
der Entwicklung den Boden bereitet. Es sind die inhaltlichen Punkte, 
die eine tiefrote Linie markieren. Das Ganze könnte auf eine 
Überholspur führen - noch links an Oskar Lafontaines Linke vorbei.
Vieles im Appell der 19 Bundestagsabgeordneten und 41 weiterer 
Verfechter von »SPD pur« sieht so aus, als sei es dem sozialistischen
Experimentierkasten der SED-Erben entnommen: riesige Versprechen, 
minimale Chance auf Finanzierbarkeit. Raus aus der Rente mit 67, rein
ins Schweizer Modell für alle, das ist so ein alter unerfüllter 
Wunschtraum. Hartz IV soll endlich wieder ein Leben ohne Arbeit 
garantieren. Sozialbeiträge auf Kapitalerträge und die Abschaffung 
schlechter Bezahlung per Gesetz sind auch schon vielfach versucht 
worden, aber noch nie gelungen. Kurzum: Der Blick fürs Mach- und 
Bezahlbare bleibt im tiefroten Wolkenkuckucksheim Fehlanzeige.
Nach einem Jahrzehnt ausgewogener Sozial- und Wirtschaftspolitik 
stehen bei den Sozialdemokraten die Zeichen wieder auf Sozial- kontra
Wirtschaftspolitik. Vor gerade einmal zehn Jahren legte Gerhard 
Schröder einen Erdrutschsieg vor, der Helmut Kohl zum Riesen von 
gestern stempelte. Mehr noch: Eine neue Mitte wählte die 
sozialdemokratischen Realos von Schröder über Wolfgang Clement, Franz
Müntefering bis zum Bielefelder Rainer Wend.
 Und sie hielten Wort: Unter Schmerzen, aber letztlich konsequent 
folgte die Agenda-Politik des Forderns und Förderns. Das Job-Wunder 
blieb nicht aus, wenngleich die dicksten Früchte erst in Zeiten der 
Großen Koalition heranreiften.
Parteiintern geht es heute nicht einmal vorrangig um die Frage der 
Umsetzbarkeit, als vielmehr um Selbstanklage und Abrechnung mit zehn 
Jahren eigener Regierungspolitik, erst mit den Grünen, dann mit der 
Union. Wenn sich der linke Flügel einzig und allein für sozial hält, 
bedeutet das auch, dass alle anderen Genossen unsozial, kalt und 
damit - zwingend logisch - neoliberal sind.
Eine schlimmere Abgrenzung kann es nicht geben. Solch radikale 
Rechthaberei ist geeignet, eine Partei zu spalten. Dass genau das der
SPD erspart bleibt, hat einen einfachen, ziemlich bitteren Grund. Die
Gemäßigten kämpfen nicht mehr. Sie haben längst aufgegeben, sie 
ziehen sich zurück, sie schweigen, sie verflüchtigen sich, manche 
treten aus, einige werden regelrecht aus der Partei getrieben.
Vor zehn Jahre wurde nach dem Untergang der Demokratia Christiana in 
Italien oft daran erinnert, dass große bürgerliche Volksparteien 
nicht ewig bestehen. Inzwischen droht das italienische Beispiel nicht
der Union in Deutschland, sondern der SPD.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

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