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Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) kommentiert:

Bielefeld (ots)

Aus dem Sattel werfen können die Neuigkeiten nur
hartgesottene Radsportfans. Seit im Sommer bei der Tour de France 
bekannt wurde, dass der Blutauffrischer Cera überraschenderweise 
nachgewiesen werden könne, war es nur eine Frage der Zeit, wann zu 
den bekannten Dopingfällen weitere hinzukommen würden.
Dass es nun mit Stefan Schumacher einen deutschen Fahrer getroffen 
hat, ist aus nationaler Sicht zwar bedauerlich, aber nicht 
überraschend. Schon seine erstaunliche Siegesserie während des 
einjährigen Gastspiels im Trikot des ostwestfälischen Teams Lamonta 
hatte nicht nur Bewunderung hervorgerufen. Später begab sich der 
Arztsohn öfter auf Abwege, konnte aber einen Ausschluss stets 
verhindern. Vor einem Jahr rauschte er wie einst Jan Ullrich unter 
Alkoholeinfluss über die Straßen. Nach einem Unfall wurden in seinem 
Blut Spuren von Aufputschmitteln gefunden.
Gesperrt wurde er nicht, doch Schumachers Erfolge im Sommer in 
Frankreich wurden umso kritischer beleuchtet. Als der Deutsche, der 
als erster Fahrer nach Lance Armstrong in einem Jahr beide 
Tour-Zeitfahren gewann, ins Gelbe Trikot schlüpfte, musste er mehr 
Fragen zu seiner Vergangenheit beantworten, als ihm lieb war. Er 
schwieg und stritt bislang Doping konsequent ab.
Das wird ihm und dem gesamten Radsport nicht mehr helfen. 
Anti-Doping-Programme, Ehrenerklärungen, Blutpässe und viele gute 
Absichten: All das ist nicht das Papier wert, auf dem es gedruckt 
wurde. Statt auf eine Tour der Erneuerung zu gehen, wie im Sommer 
großspurig angekündigt wurde, ist eine ganze Sportart mit voller 
Fahrt in eine Sackgasse gefahren.
Es wird weiter gelogen und betrogen. Schumacher war vielleicht ein 
Einzelgänger, ein Einzelfall war er nicht. Weitere Dopingfälle sind 
angekündigt. Die Epo-demie hält an, und eine eigentlich sehr schöne 
Sportart ist fast am Ende. »Das ist Selbstmord. Der Radsport spielt 
mit seiner Existenz«, sagt Michael Vesper, Generaldirektor des 
Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB).
Jammern darf der Radsport nun wirklich nicht, wenn Fernsehsender 
abschalten, Sponsoren die Gelder zurückziehen und Rennen nicht mehr 
ausgetragen werden können. Die Selbstreinigung funktioniert nicht. 
Ein Neuanfang müsste vor allem glaubwürdig und - wahrscheinlich - mit
neuem Personal geschehen.
Bis dahin droht - zumindest in Deutschland - ein Einfrieren oder eine
Kürzung staatlicher Fördergelder. Dafür gibt es gute Gründe. 
International könnte es sogar passieren, dass der Radsport aus dem 
Olymp gejagt wird und 2012 in London zuschauen muss, wenn um 
Medaillen gekämpft wird. Es sei es, der Radsport macht endlich ernst 
mit der Erneuerung.
Übrigens: In Spanien ist das Verfahren gegen den Doping-Arzt Dr. 
Fuentes eingestellt worden. Mit Lance Armstrong, Floyd Landis und 
Alexander Winokurow kann die alte Radsport-Garde es kaum abwarten, 
nach - zum Teil erzwungenen Pausen - das Peloton wieder aufzumischen.
Nach einem Neuanfang sieht das nicht aus.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

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