Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) kommentiert:
Bielefeld (ots)
Dann verbieten wir das eben alles! Das Bundeskriminalamt macht eine Liste fertig. Auf der stehen die Internetadressen mit Kinderpornos. Und die Provider werden mit einem Gesetz gezwungen, diese Seiten zu sperren. Schon gibt es keine Kinderpornos mehr im Netz. So einfach ist das! Ist das wirklich so einfach? Leider nicht. Denn die Anbieter der Fotos sind so flexibel, wie ihr Treiben verabscheuungswürdig ist. Da sind die Fotos von missbrauchten und vergewaltigten Kindern schneller auf eine andere Adresse verfrachtet, als der Fahnder googeln kann. Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen will diesen schwierigen Weg dennoch beschreiten. Das ehrt sie. Nur hat die Hydra, gegen die sie kämpft, nicht neun Köpfe, sondern tausend. Zumindest tausend, von denen das BKA weiß. Es steht also zu befürchten, dass die Ermittler mit dem Listenschreiben gar nicht hinterher kämen bei ihrem Versuch, das Anbieten von Kinderpornografie zu verhindern. Erfolg versprechender erscheint da der Weg, das Betrachten all jener Schmuddelbilder zu erschweren, die im Netz umherschwirren. Womit wir wieder bei Google wären. Denn man kann wohl einmal voraussetzen, dass viele Pornokonsumenten nach Eingaben in Suchmaschinen auf die einschlägigen Seiten aufmerksam werden. Und Google, Yahoo und Co. speichern solche Suchanfragen, genauso, wie sie die IP-Adressen, also die Kennziffern der Computer speichern. Wer also will, dass die Verbreitung von Kinderpornografie über das Internet ernsthaft eingeschränkt wird, der muss ebenso ernsthaft über eine Einschränkung des Datenschutzes nachdenken. Das klingt verführerisch. Möchten wir aber, dass auch all unsere eigenen Suchanfragen im Bundeskriminalamt landen? Einfach mal so, zur Vorbeugung. Wollen wir die Profile, die Einblicke in jedermanns Leben und jedermanns Interessen, die damit erstellbar sind, wirklich aktenkundig werden lassen? Ich für meinen Teil möchte das nicht. Der Große Bruder im Internet, den wir alle täglich füttern, dem wir immer mehr beibringen, der wächst schon rasant genug. Ein banales Beispiel aus dem Herbst 2008: Bereits heute wissen die Herren über die Suchmaschinenserver eher, wo eine Grippewelle rollt, als es die Gesundheitsämter können. Sie brauchen nur Computerstandorte und Suchanfragen nach Erkältungsarzneien oder Hausmitteln abzugleichen - voilà! Nein, so emotional aufgeladen das Thema auch sein mag, es muss selbst bei der Kinderpornofahndung Grenzen geben. Doch die sollten eben nicht vom Etat gesetzt werden. Deshalb müssen die Ermittler personell und technisch so ausgestattet sein, dass sie all jenen Spuren, die die Pornokonsumenten allein auf den bereits bekannten Seiten hinterlassen, auch schnell nachgehen können. Vor allem hier ist zunächst etwas zu tun. Denn kaum eine Strafe ist effektiver als jene, die der Tat auf dem Fuße folgt.
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