Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) kommentiert:
Bielefeld (ots)
Wem sagt der Name Wolfgang Göbel noch etwas? Er saß am Steuer, als Terroristen am 7. April 1977 das Feuer auf den Mercedes des Generalbundesanwalts Siegfried Buback eröffneten. Neben Buback und seinem Fahrer starb auch der Polizist Georg Wurster im Kugelhagel. 34 Morde werden der Roten Armee Fraktion (RAF) zugerechnet. Begangen an Repräsentanten des Staates, der Wirtschaft, aber auch an kleinen Leuten wie Wolfgang Göbel. Trotzdem kommt nun eine der früheren zentralen Figuren dieser Verbrecherorganisation vorzeitig frei, wie es gestern das Oberlandesgericht Stuttgart entschieden hat: Christian Klar, der unter anderem wegen seiner Teilnahme an der Ermordung Siegfried Bubacks zu sechs Mal lebenslänglich verurteilt worden war, darf im Januar das Gefängnis verlassen. Das Herz schreit nein, aber der Kopf sagt ja: Die Stuttgarter Richter konnten nur so entscheiden, wie sie es getan haben. Denn schon vor Jahren hatte der Bundesgerichtshof festgelegt, dass auch »Lebenslange« die Perspektive haben müssen, irgendwann wieder freizukommen. Und so kann heute jeder, der zur Höchststrafe verurteilt worden ist, nach 15 Jahren Haft erstmals beantragen, den Rest der Strafe zur Bewährung auszusetzen. Bei Christian Klar hatte diese Prüfung durch das Oberlandesgericht Stuttgart 1998 ergeben, dass er wegen seiner besonders schweren Schuld mindestens 26 Jahre verbüßen muss. Dieser Mindest-Zeitraum endet 2009, so dass es gestern um die Frage ging, ob Klar weiterhin ein Sicherheitsrisiko für uns ist. Und das verneinten die Richter, zumal sich die RAF 1998 aufgelöst hatte. Natürlich fällt es nicht leicht, den Richterspruch so rational zu bewerten. Denn Klar ist erwiesenermaßen niemand, der geläutert ist, der bereut, der mit den Hinterbliebenen empfindet. Im Gegenteil: Michael Buback quält es bis heute, dass er nicht weiß, wer bei der Ermordung seines Vaters welche Rolle gespielt hat. Für Klar wäre es ein Leichtes, Namen zu nennen. Sicher: Damit verriete er Komplizen, aber gerade das wäre ein Zeichen wirklicher Umkehr. Doch dies beabsichtigt der Ex-Terrorist ja gar nicht. Noch 2007 äußerte er aus der Haft heraus die Hoffnung, »die Niederlage der Pläne des Kapitals zu vollenden«. Folgerichtig hatte Bundespräsident Horst Köhler dem Mörder die Begnadigung verweigert, um die er gebeten hatte. Keine Gnade, aber Recht - das ist es, was Christian Klar gestern bekommen hat. Der Rechtsstaat, den er aufs Brutalste bekämpft hatte, hat seine Stärke gezeigt und Klar wie jeden anderen Häftling behandelt. Bedrückend ist allerdings, dass es wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit ist, bis Klar bei Kerner & Co. auf der Couch sitzt. Das erste öffentlichkeitswirksame Angebot hat er schon: Der Berliner Regisseur Claus Peymann hat dem Ex-Terroristen eine Praktikantenstelle angeboten. »Aus Gründen der Resozialisierung«. Geht es noch heuchlerischer?
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