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Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) kommentiert:

Bielefeld (ots)

Das Konjunkturpaket II kommt, heißt aber nicht
so. Der sperrige Titel: »Reaktion der Bundesregierung auf das Urteil 
der Verfassungsrichter zur Pendlerpauschale«. Mit seiner Ankündigung,
die fällig werdenden Rückerstattungen für die Jahre 2007 bis 2009 
nicht an anderer Stelle einzusparen, reicht Bundesfinanzminister Peer
Steinbrück (SPD) bis Anfang 2010 satte 7,5 Milliarden Euro an die 
Bundesbürger weiter.
 Steinbrück und Bundeskanzlerin Angela Merkel treten die Flucht nach 
vorn an. Sie geben sich tatkräftig, setzen einen Konjunkturimpuls und
begegnen den immer lauter werdenden Vorwürfen, die Wirtschaftskrise 
zu unterschätzen und zu wenig für die Belebung der Binnennachfrage zu
tun.
 In der Stunde der Angst wird der warme Regen gefeiert, denn die Lage
ist, wie sie ist. Die Bankbürgschaften über 400 Milliarden Euro vor 
der Brust, die Rezession vor Augen und die Haushaltskonsolidierung 
endgültig aus dem Sinn kommt es auf ein paar Milliarden Euro mehr 
eben auch nicht mehr an.
Vor allem jedoch: Kaum einer spricht noch über die sensationelle 
Bruchlandung, die Steinbrück und Co. gestern hingelegt haben. Die 
Neuregelung der Pendlerpauschale war stümperhaft. Am Ende stand ein 
Gesetz der Willkür. Warum 20, warum nicht 18 oder 22 Kilometer? Auf 
eine halbwegs plausible Erklärung warteten Millionen Pendler 
vergeblich.
So hat das Bundesverfassungsgericht das einzig Richtige getan. Wie 
nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs zu ahnen, sahen auch die 
Karlsruher Richter in der Neuregelung den Grundsatz der 
Gleichbehandlung verletzt. Bei allem Respekt: Dazu hätte es nicht 
eines höchstrichterlichen Urteils bedurft, dazu hätte allein der 
gesunde Menschenverstand reichen können. Den aber wollte Steinbrück, 
blind vor Spareifer, nicht aufbringen.
Auch für Bundeskanzlerin Angela Merkel ist der Flurschaden 
beträchtlich. Immerhin hatte die CDU-Chefin im bayerischen 
Landtagswahlkampf die Forderung der CSU kategorisch abgelehnt, 
angesichts der damals hohen Spritpreise zur alten Pendlerpauschale 
zurückzukehren. Nun ist die alte Pauschale doch wieder da, die CSU 
aber ihre absolute Mehrheit in Bayern los und das Verhältnis der 
Schwesterparteien nachhaltig gestört.
 Das Thema Pendlerpauschale ist mindestens bis nach der 
Bundestagswahl im nächsten Herbst aufgeschoben, nicht aber 
zwangsläufig aufgehoben. Das Bundesverfassungsgericht hat gestern 
offen gelassen, ob Kosten, die zur Erzielung von Einkommen notwendig 
sind, stets steuermindernd wirken müssen.
Über den Sinn der Pendlerpauschale, die nichts weiter als eine 
Steuersubvention ist, lässt sich trefflich streiten. Warum soll 
derjenige, der auf dem Land lebt und zur Arbeit in die City pendelt, 
besser behandelt werden als sein Kollege, der in der Stadt wohnt? 
Viel spricht sogar für die Abschaffung der Pendlerpauschale, wenn, ja
wenn zugleich das Steuersystem grundlegend reformiert und der Slogan 
»Mehr Netto vom Brutto« Wirklichkeit wird.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

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