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Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) kommentiert:

Bielefeld (ots)

Die SPD hat am Wochenende das Superwahljahr 2009
eingeläutet, ihr hessischer Spitzenkandidat Thorsten Schäfer-Gümbel 
legte gestern nach. Sein Vorschlag einer Zwangsanleihe für Bürger, 
die mehr als 750 000 Euro Vermögen in Bargeld oder Immobilien haben, 
fand das erwartbare Echo. Der Deutsche Gewerkschaftsbund stimmte in 
Person des sächsischen DGB-Chefs Hanjo Lucassen freudig zu. 
Vize-Regierungssprecher Thomas Steg hingegen lehnte höflich, aber 
bestimmt ab. Nicht jede Äußerung im hessischen Wahlkampf finde 
Widerhall in Berlin. Zum Glück!
Überhaupt: Hessen! Wer geglaubt hatte, dass die SPD nach dem fast ein
Jahr dauernden Ypsilanti-Debakel nicht tiefer fallen könne, wird 
dieser Tage eines Besseren belehrt. Thorsten Schäfer-Gümbel hat zwar 
prima Initialen - »TSG« macht sich super dank der Erfolge des 
Bundesliga-Aufsteigers Hoffenheim -, sonst aber nicht sonderlich viel
zu bieten. Der 39-Jährige hat es schwer und macht's sich schwer.
 Erst der peinliche Auftritt im Landtag, als er herausstellte, Roland
Koch zumindest in Sachen Aussehen gewachsen zu sein - »Wir machen 
hier keinen Wettbewerb Germany's next Topmodel. Im Übrigen: Diesen 
Wettbewerb würde ich gewinnen.« Es folgten die Stilisierung als 
»Superman« beim Landesparteitag in Alsfeld und nun die beinahe 
reflexartige Reaktion am Vorabend der Krise: Die Reichen sollen es 
richten.
Schäfer-Gümbel wird die Landtagswahl am 18. Januar nicht wegen dieser
Patzer verlieren. Aber diese Patzer zeigen, dass er nicht das Format 
eines ernstzunehmenden Herausforderers hat. Im Kontrast wirkt der 
CDU-Ministerpräsident Roland Koch nicht nur kompetenter, sondern fast
sympathisch. Wer hätte das vor Jahresfrist für möglich gehalten?
Kaum für möglich gehalten hätte man bis vor kurzem auch die 
Larmoyanz, mit der die SPD-Spitze nun möglichen rot-roten Bündnissen 
auf Länderebene begegnet. Damit könne man »machtpolitisch ein Zeichen
setzen«, gab Parteichef Franz Müntefering zu Protokoll und so für die
Urnengänge am 30. August in Thüringen und im Saarland die Parole aus.
Vordergründig kann Münteferings Aussage nicht überraschen: Der 
Parteichef hat Recht, wenn er sagt, »dass es eher hilft als schadet, 
mehr Ministerpräsidenten zu stellen«. Zudem hat Müntefering stets 
betont, dass er im Falle des Falles für feste Koalitionen mit klaren 
Verantwortlichkeiten statt für Duldung und Durcheinander ist.
Viel interessanter indes: Der Parteichef versucht geradezu, Rot-Rot 
auf Länderebene herbeizureden, lehnt aber eine rot-rote Koalition im 
Bund weiter vehement ab. Das kann zweierlei bedeuten: Müntefering 
hält die Erfolgsaussichten der SPD bei der Bundestagswahl 2009 für so
gering, dass er schon jetzt verstärkt auf den Machtfaktor Bundesrat 
setzt. Oder die Sozialdemokraten wollen die Stimmungslage in der 
Bevölkerung testen. Im Saarland und in Thüringen wird vier Wochen vor
der Bundestagswahl gewählt. Früher nannte man so etwas einen 
Probelauf.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

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