Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Afghanistan
Bielefeld (ots)
US-Präsident Barack Obama arbeitet sein außenpolitisches Programm konsequent ab. Erste Schritte zu neuen Abrüstungsvereinbarungen mit Russland sind gemacht. Wenige Tage nachdem sich die US-Truppen aus den Städten im Irak zurückgezogen haben, startete Obama jetzt in Afghanistan die erste große Offensive seit seinem Amtsantritt. Mit der Offensive in der Provinz Helmand setzt die Armee die neue Strategie des Präsidenten um. Die US-Soldaten sollen von den Taliban kontrollierte Gebiete zurückerobern, die Gebiete besetzt halten, um Sicherheit für die Bevölkerung zu schaffen und nachrückende US-Aufbauhelfer zu schützen. Durch dieses Vorgehen soll das Vertrauen der Menschen gewonnen werden. Zur Gewalt gegen die islamistischen Extremisten gibt es keine realistische Alternative, wenn die Amerikaner und ihre Verbündeten es nicht zulassen wollen, dass weitere Regionen in die Hände der Taliban fallen. Die neue Qualität der Obama-Strategie liegt jedoch in der Verzahnung von militärischen und zivilen Elementen. Die USA setzten nun nicht mehr nur auf ihre militärische Stärke. Luftangriffe auf vermutete Taliban-Stellungen ohne Rücksicht auf Zivilisten sollen auf ein Minimum zurückgeführt werden. Die hohe Zahl der bei diesen Angriffen getöteten Zivilisten hat immer mehr Afghanen dazu veranlasst, die US-Truppen nicht mehr als Befreier, sondern als verhasste Besatzer zu sehen. Aus Respekt vor Kultur und Religion dürfen sich US- und Isaf-Soldaten außer zur Selbstverteidigung keinen gewaltsamen Zutritt zu Moscheen mehr verschaffen oder auf die Gotteshäuser schießen. Damit wird der Job der Soldaten noch gefährlicher. Denn die Taliban versuchen gar nicht erst, bei ihren Angriffen Rücksicht auf Unbeteiligte zu nehmen. Sie provozieren zivile Opfer geradezu, wenn sie sich in Häusern verschanzen. Die Amerikaner haben offenbar aus den Fehlern der Roten Armee gelernt, die 1989 gedemütigt das Land verlassen musste. Die Afghanen hatten sich gegen die Besatzer aufgelehnt. Ihr brutales Vorgehen hatte den Hass auf die Russen geschürt. Viel zu lange haben die Amerikaner daran festgehalten, dass sie am Hindukusch für die Kriegführung zuständig sind und sich allein die alliierten Partner um den Wiederaufbau kümmern. Ob dieser drastische und sehr späte Strategiewechsel Erfolg hat, wird die Zukunft zeigen. Die Isaf-Partner der US-Truppen - wie die Deutschen im Norden Afghanistans - sollten jetzt nicht darauf verweisen, dass sie schon immer die bessere Strategie verfolgt haben. Sie sollten die US-Truppen im Süden des Landes mit aller Kraft darin unterstützen, im Kampf um die Unterstützung der Afghanen erfolgreich zu sein. Denn die neue Strategie könnte die letzte realistische Chance sein, die Menschen in Afghanistan zu gewinnen, die islamistischen Extremisten dauerhaft zu vertreiben und auch die Atommacht Pakistan von der Taliban-Gefahr zu befreien.
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