Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Inflation
Bielefeld (ots)
Das Geld wird nicht weniger, sondern mehr wert: Das gab's in Deutschland zuletzt vor 22 Jahren. Die Verbraucher freut's. Und auch die Volkswirte, die nach der reinen Lehre eigentlich vor einer Deflation warnen müssten. Denn die Gefahr, dass Verbraucher auf noch günstigere Einkaufsgelegenheiten hoffen, deshalb ihr Geld horten und die Wirtschaft noch weiter abwürgen, besteht diesmal nicht. Wir haben es ja nicht mit einem allgemeinen Preisrutsch zu tun, der alle Güter erfasst, sondern profitieren vor allem vom gesunkenen Ölpreis. Wer weniger Geld fürs Tanken und Heizen ausgeben muss, dem bleibt mehr Geld für den Konsum übrig. Und der ist derzeit die wichtigste Stütze der Wirtschaft. Doch hier beginnt das eigentliche Problem. Die heimliche globale Leitwährung, der Ölpreis, fährt Achterbahn - und macht die Weltwirtschaft schwindelig. Schmerzlich erinnern sich Verbraucher wie Ökonomen an den Sommer vergangenen Jahres, als ein Fass zum Rekordpreis von fast 150 Dollar gehandelt wurde. Selbst den Ölscheichs wurde es mulmig. Sie erhöhten die Fördermenge. Vom Gipfel dann der Absturz: Gerade noch 35 Dollar war ein Fass im Frühjahr wert. Das wiederum brachte die Förderländer in Bedrängnis. Selbst Russland, das einen beträchtlichen Teil seiner Deviseneinnahmen aus den Erdgaslieferungen nach Westeuropa bezieht, hatte plötzlich ein Milliardenloch in der Staatskasse. Denn der Gaspreis ist an den Ölpreis gekoppelt - was die Hebelwirkung für die Weltwirtschaft verstärkt. Mittlerweile hat sich der Ölpreis bei 65 Dollar eingependelt. Damit können beide leben: Förderländer wie Verbraucher. Die Frage ist nur: Wie lange bleibt der Preis stabil? Schon jetzt erwarten Experten einen erneuten Anstieg, wenn die Konjunktur weltweit anzieht. Womit sich die Verbraucher warm anziehen müssten: Experten sehen den Gaspreis zum Jahreswechsel wieder steigen. Und was nützt billiges Gas im Sommer, wenn in der Heizsaison draufgezahlt werden muss? Wer das ewige Auf und Ab der Ölpreise stoppen, zumindest aber begrenzen will, muss vor allem die Auswüchse der Spekulation beenden. Experten wissen: Von der wichtigsten Sorte, dem amerikanischen Leichtöl, werden täglich etwa 300 000 Fass produziert. An den Terminbörsen aber kursierten Kontrakte über eine tausendfach so große Ölmenge. Gehandelt wird vor allem mit heißer Luft. Die USA haben versprochen, dem Zocken im Ölcasino Einhalt zu gebieten. Geschehen ist bislang wenig. Die Aufsichtsbehörde hat gerade einmal ein paar Anhörungen angekündigt - mehr nicht. Ungezügelte Spekulation mit undurchschaubaren Finanzpapieren hat die schlimmste Wirtschaftskrise seit Menschengedenken ausgelöst. Deshalb darf die Welt nicht zusehen, wenn Ölspekulanten ein erneutes Fiasko heraufbeschwören. Die USA müssen endlich handeln: So lautet die Botschaft an Präsident Barack Obama.
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