Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum SPD-Wahlkampfteam
Bielefeld (ots)
Manchmal verrät ein Satz alles. Frank-Walter Steinmeier hat gestern diesen Satz gesagt: »Wir müssen klarmachen, was passiert, wenn die SPD nicht regiert.« Wer böse ist, übersetzt das mit: Wir ahnen, dass wir nicht gewinnen können, nun wollen wir wenigstens nicht verlieren. Der Wahlkampf des Kandidaten aus dem lippischen Brakelsiek scheint unter einem schlechten Stern zu stehen. Die Präsentation des Wahlprogramms war überschattet vom Debakel bei der Europawahl. Und die Präsentation des Wahlkampfteams ist, allen Ausweichmanövern zum Trotz, arg unter die Räder von Ulla Schmidts Dienstwagen geraten. Abermals verheerende Umfragewerte für die Partei und ihren Spitzenmann kamen in dieser Woche dazu. Die SPD ist in schwerer See. Ihr fehlt ein Kompass. Sie weiß nicht, welchen Kurs sie steuern soll. Was bleibt, ist nur die Hoffnung. Die SPD hofft, ihre Anhänger mobilisieren zu können. In der Tat schlummern hier beträchtliche Reserven. Auch das ist ein Ergebnis der Europawahl. Viele derer, die am 7. Juni nicht gewählt haben, hätten die SPD gewählt. Die SPD hofft auf das Gesetz der Serie. 2002 verwandelte die Partei dank Hochwasser und Gummistiefeln eine sicher geglaubte Niederlage in einen Sieg. 2005 pulverisierte sie einen schier aussichtslosen Rückstand und blieb immerhin in der Regierung. Vor allem aber hofft die SPD auf das »Schreckgespenst« Schwarz-Gelb. Die Angst vor »neoliberaler Politik« soll die Menschen davon abhalten, Union und FDP zu einer Mehrheit zu verhelfen. Das SPD-Wahlkampfteam wird diese Angst schüren und zugleich »soziale Gerechtigkeit« predigen. Ein Team, in dem Frauen und Männer gleich stark vertreten sind. Das wiederum ist eine Botschaft an die Wählerinnen. Ob sie ankommt, darf angesichts einer Frau im Kanzleramt und einer Ursula von der Leyen im Familienministerium bezweifelt werden. Viele Namen dieses Teams kennt man. Andere muss man sich nicht merken. Große Überraschungen hat es nicht gegeben. Auch bei der Zusammenstellung seiner Mannschaft ist Steinmeier seinem Stil treu geblieben. Das Ganze mag sachorientiert und solide sein, eine Initialzündung ist es nicht. 59 Tage bleiben der SPD, um zu beweisen, dass sie tatsächlich »die besseren Köpfe und die besseren Ideen« hat. 59 Tage, für die Parteichef Franz Müntefering einen intensiven Wahlkampf verspricht. Wer Müntefering kennt, weiß, dass der kommen wird. Wer die SPD 2009 erlebt, weiß aber auch, dass das nicht mehr automatisch zum Erfolg führen muss. An eine Niederlage mag Steinmeier - zumindest offiziell - nicht denken. Erneut ließ er gestern die Frage unbeantwortet, ob er als Oppositionsführer ins Parlament gehen würde. Tut er es nicht, wird sich Ersatz finden. Andrea Nahles kümmert sich im Wahlkampfteam um die Bildung. Gut möglich, dass sie sich auch nach dem 27. September darum bemüht - um die Bildung einer neuer Mehrheit aus SPD, Grünen und Linken.
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