Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum EU-Klimagipfel
Bielefeld (ots)
Die Linie für die Weltklimakonferenz in Kopenhagen ist jetzt klar: Die Europäische Union wird etwa ein Drittel der bis zu 100 Milliarden Euro schultern, die nach 2020 weltweit pro Jahr zur Klimafolgenbewältigung benötigt werden. Das Geld gibt es aber nur, wenn andere auch mitziehen. Zudem wurden Einzelheiten zum Technologietransfer, zu Anpassungs- und Minderungsmaßnahmen sowie Einfluss auf verantwortungsvolles Regierungshandeln festgelegt. Fernziel ist die Reduzierung der CO2-Emissionen bis 2050 um 50 Prozent gegenüber dem Stand von 1990. Außerdem: die europäische Klimapolitik behält sich noch ein Hintertürchen auf. Alle als notwendig erachteten Maßnahmen bleiben unter Vorbehalt. Für den Fall, dass die Erwärmung weniger dramatisch ausfällt, als in einer hitzigen Debatte behauptet, gibt es auch eine Exit-Strategie. Das ist beruhigend zu wissen. Entscheidend: Die EU knüpft ihre Leistungen an Zusagen der USA, Chinas und Indiens, ihrerseits Verantwortung zu übernehmen. Damit ist die Linie »neue Schwellenländer gegen alte Verschmutzer« durchkreuzt. Die Europäer haben eine kluge Position abgesteckt und sind nicht den vielen gutmeinenden Aktivisten aus den eigenen Reihen aufgesessen. Nichtregierungsorganisationen und selbsternannte Klimaretter hätten Europa am liebsten mit riesigen Vorleistungen in die Kopenhagener Klimakungelrunden geschickt. Als Angela Merkel am Donnerstagabend zunächst eine harsche Ablehnung aller Blankoschecks signalisierte, schlugen ihr sofort Wut und Entsetzen entgegen. Da war von der »Klimakanzlerin auf Crashkurs« die Rede, andere machten die FDP-Forderungen nach Steuersenkungen hierzulande haftbar dafür, dass künftig noch mehr Wüstenländer hungern müssten. Alles falsch: Denn jetzt muss US-Präsident Barack Obama Farbe bekennen. Die Rettung des Weltklimas findet bei ihm bis zur Stunde nur rhetorisch statt. Still und leise wurden in den USA die ohnehin bescheidenen CO2-Reduktionsziele inzwischen wieder eingesammelt. Im Wahlkampf hatte Obama ein tolles Umweltteam präsentiert. Man erinnere sich: Al Gore, der Friedensnobelpreisträger 2007, und ein Mitentdecker der Erderwärmung standen als Wissenschaftsberater hinter dem damaligen Kandidaten, der sich an der Berliner Siegessäule zur Verantwortung eines Weltbürgers bekannte. Nicht auszuschließen, dass die Bundeskanzlerin kommende Woche bei ihrer außergewöhnlichen Rede vor den versammelten US-Parlamentariern beider Kammern in genau diese offene Flanke stößt. Es wäre der ideale Moment, Obama zu stellen. Auch China und Indien können nicht so tun, als ginge sie der Globus und seine Hitzeproblem nichts an. Insofern ist es gut, dass der neue deutsche Entwicklungsminister gerade eine Debatte darüber anstößt, welche Länder wirklich bedürftig sind.
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