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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT zu Afghanistan/Brok

Bielefeld (ots)

Die Bilanz könnte schlechter kaum ausfallen:
»Deutschland hat in Afghanistan nicht eines der Ziele erreicht.« Der 
außenpolitische Experte der CDU, Elmar Brok, redet nicht um den 
heißen Brei herum. Er spricht von zumindest kriegsähnlichen Zuständen
und nicht von Stabilisierungseinsätzen wie der frühere 
Verteidigungsminister Franz Josef Jung, dem das Wort Krieg im 
Zusammenhang mit Afghanistan nie über die Lippen gekommen ist. Wer 
immer nur verschleiert, darf sich nicht wundern, dass der 
Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan von der Bevölkerung nur mäßig 
gestützt wird.
Und wenn der Einsatz der ausländischen Truppen in Afghanistan 
weitgehend gescheitert ist, gibt es zwei Möglichkeiten: an den alten 
Zielen festzuhalten oder neue zu formulieren.
 Elmar Brok, der außenpolitische Fuchs der Union, hat übrigens schon 
vor zehn Jahren mit Vertretern der Taliban gesprochen. In Dortmund. 
Der damalige US-Präsident Bill Clinton war es, der diese Kontakte 
kappen ließ. Heute wären die westlichen Staaten froh, wenn sie in 
Afghanistan andere Verhandlungspartner hätten als die der 
Wahlfälschung beschuldigte Regierung Karsai.
 Regierungssprecher Christoph Steegmans nannte gestern die 
Forderungen nach guter Regierungsführung, Rechtsstaatlichkeit, 
Menschenrechten, Sicherheit und wirtschaftlicher Entwicklung als 
Basis für die Afghanistan-Konferenz. Wenn nicht mehr den Tisch kommt,
kann sich Außenminister Guido Westerwelle wirklich den Flug nach 
London sparen.
 Denn all das hat der Westen bisher nicht am Hindukusch durchsetzen 
können und all das lässt sich mit den bisher vorgesehenen Mitteln 
auch in der Zukunft nicht schaffen. Mehr als 100 000 Soldaten und 
mehrere Milliarden Euro zusätzlich sind notwendig, damit das 
ausländische Militär den Afghanen die Sicherheit bieten kann, die 
notwendig ist, damit sie das Land wieder aufbauen zu können. Doch 
darüber will kaum ein Politiker offen reden, und kein Land will dafür
zahlen.
Weil dieser Weg eher in die Irre führt, muss die Politik nach anderen
Möglichkeiten suchen. Und damit sind nicht nur Union und FDP gemeint,
sondern auch SPD und Grüne. Die Soldaten, die ihren Kopf riskieren, 
haben es verdient, dass die demokratischen Kräfte eine gemeinsame 
Linie verfolgen, und konkret sagen, warum sich der Einsatz doch 
lohnt. Auf Kosten deutscher Einsatzkräfte darf sich niemand damit 
profilieren, frühe Abzugstermine zu nennen.
Westerwelle hat es nun in der Hand zu beweisen, dass er der richtige 
Außenminister ist. Er muss eine Debatte über deutsche Interessen in 
Afghanistan anstoßen. Wenn dieses Land fällt, ist auch Pakistan 
gefährdet. Die Vorstellung, dass Atomwaffen in die Hände von 
Terroristen gelangen könnten, sollte allein Grund genug sein, den 
Einsatz fortzusetzen. Wenn die alten Ziele nicht durchzusetzen sind, 
müssen eben neue her. Und die werden bescheidener ausfallen als sie 
die Bundesregierung gestern formuliert hat.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

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