Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Entwicklungspolitik/Dirk Niebel
Bielefeld (ots)
Gibt es eine rote und eine gelbe Entwicklungspolitik? Nein, aber es gab die elfjährige Ära von Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD). Jetzt folgt eine neuer Ansatz in der Entwicklungszusammenarbeit von Minister Dirk Niebel und seiner Parlamentarischen Staatssekretärin Gudrun Kopp (beide FDP). Der gestrige Tag machte den Wechsel, aber nicht den Bruch doppelt deutlich. Cornelia Füllkrug-Weitzel, Direktorin von Brot für die Welt und der Diakonie Katastrophenhilfe, ließ in der »Stuttgarter Zeitung« noch einmal die alte Linie hochleben. Dabei erfüllte sie sich ihr Vorurteil von Niebel als eiskaltem Neoliberalen und falschem Mann am falschen Platz. Dessen Blick gelte nicht primär den Armen und der Frage, warum sie arm sind. Den bisherigen FDP-Generalsekretär interessiere allein, »was die deutsche Wirtschaft braucht, speziell der Mittelstand und die Pharmaindustrie - also diejenigen, denen die FDP nahe steht«. Zur Begründung führte sie dummerweise Unfug an: Niebel habe für 14 Millionen Euro in Deutschland nicht länger benötigte Impfdosen angekauft, um sie Afrika anzudrehen. Tatsächlich hatte die Vorgängerregierung den Betrag für Personal und Technik bei Massenimpfen in armen Ländern bereitgestellt, nicht aber der neue Ressortchef um der Pharmalobby zu gefallen. Zugleich stellte Niebel etwas klar, woran die Vertreter der alten Linie noch länger zu schlucken haben werden: Er sei der Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, aber nicht Vorsteher eines Weltsozialamtes. Entwicklungszusammenarbeit soll ein fester Bestandteil der deutschen Außenpolitik sein, sagte Niebel. Diese Politik aus einem Guss setze mit möglichst hoher Effizienz das Geld der deutschen Steuerzahler zielgenau ein. Damit sind klare Linien gezogen. Wer will, kann darin auch erkennen, welche Art von Entwicklungspolitik Niebel in der Tat abschaffen wollte. Der gern zitierte Widerspruch, die FDP besetze ein Ministerium, das sie bis zum Tag der Postenvergabe selbst für überflüssig gehalten habe, ist damit jedenfalls aufgelöst. Frau Füllkrug-Wenzell und andere Anhänger der alten Linie werden peinlich genau auf jede weitere konkrete Weichenstellung der Führung Niebel/Kopp achten. Das sollen und können sie auch. Da wären zum Beispiel die Überprüfung der Hilfen an den Wirtschaftsriesen Indien und die Absicht, die Entwicklungshilfe für China endlich zu beenden. Ute Koczy, Entwicklungspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, hat die China-Entscheidung als eine von ganz wenigen öffentlich bedauert. Es gehe längst nicht mehr um Entwicklung, sondern um Umweltprojekte und Klimaschutz, betonte sie. Die grüne Dame aus Lemgo hat Recht. Sie sollte allerdings erkennen, dass es genau um diese Fehlentwicklungen geht. Denn: Deutsche Entwicklungsgelder gegen chinesische Umweltsünden sind nicht einmal ein Fall fürs Weltsozialamt.
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