Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Karadzic-Prozess:
Bielefeld (ots)
Es ist schwer zu ertragen, wie Radovan Karadzic sich vor dem UN-Tribunal in Den Haag geriert. Das Massaker von Srebrenica, die Massenvergewaltigungen, die mörderische Belagerung Sarajevos - all diese Gräueltaten wischt der mutmaßliche Kriegsverbrecher beiseite. Schuld sieht er nur bei den anderen: den bosnischen Muslimen, der Nato, ja gar bei Deutschland, das die ethnischen Konflikte in Jugoslawien durch vorzeitige Anerkennung der Teilrepubliken noch geschürt habe. Von eigener Schuld spricht er sich gänzlich frei. Dass er damit die Opfer verhöhnt, ist ihm gleichgültig. Und doch ist es notwendig, dass Karadzic redet. Er ist Angeklagter in einem Prozess, dessen Rechtmäßigkeit er verneint. Um so strenger muss das UN-Tribunal Karadzic' Rechte wahren - auch wenn es quälend ist. Die Richter müssen aufklären, wie es vor 15 Jahren unter den Augen der Nato zum Massenmord von Srebrenica kommen konnte. Sie müssen Schuld zunächst beweisen und erst dann bewerten. Nur dann kann ein Urteil stehen, das in auch in Serbien gehört wird, und nur ein solches Urteil wird auch den Opfern gerecht.
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