Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zur Kandidatur von Norbert Röttgen als CDU-Landesvorsitzender
Bielefeld (ots)
Respekt vor dem Mut. Norbert Röttgen tritt als Bewerber um das Amt des CDU-Landesvorsitzenden in NRW an. Nach einer krachenden Niederlage bei der Landtagswahl, ersten Weichenstellungen in der CDU-Landtagsfraktion und der nicht selbstverständlichen Zurückhaltung von CDU-Generalsekretär Andreas Krautscheid lässt das aufhorchen. Viel war zuletzt von den Risiken die Rede, die Bundesminister Röttgen auf sich nimmt, denn seine Wahl ist keineswegs sicher. Gerade weil Laschet als Kandidat der Funktionäre gilt, darf der Berliner Bewerber auf Stimmen der Basis setzen. Allerdings müssen die kommenden acht Regionalkonferenzen und Diskussionen in den Kreisverbänden noch einige Argumente mehr bringen. Tatsächlich gibt es noch kein klares Meinungsbild in der Landespartei. Auf den ersten Blick haben die 160 000 Mitglieder im Lande nicht einmal eine echte Wahl. Röttgen sowie der alerte und längst - wie es seine Art ist - vorgepreschte Laschet sind sich viel zu ähnlich. Beide gelten als Modernisierer und zu Regierungsbündnissen mit den Grünen fähig. Röttgen kann der Atomausstieg nicht schnell genug gehen und Laschet hat ein Verständnis von Familien- und Integrationspolitik, dass manche in Partei seit 2005 Schwierigkeiten hatten mitzukommen. Noch deutlicher: Wenn Jürgen Rüttgers am 9. Mai die Wahl nur deshalb verloren haben sollte, weil zu viele CDU-Sympathisanten zu Hause geblieben sind, dann stehen jetzt sowohl Röttgen als auch Laschet exakt für dessen auf Johannes-Rau-Wähler zielende Politik. Es geht nicht um eine Landtagswahl und eine nur mäßig interessierte Wählerschaft, sondern um die innere Wiederaufrichtung einer großen Partei nach einem schmerzlichen Verlust. Deshalb darf die Entscheidung auch etwas anspruchsvoller sein. Zuhören, Diskutieren, lange Fragen, knappe Antworten, Abstimmen: Nichts machen Parteien und ihre Mitglieder lieber. Auch muss niemand in Sorge sein, die CDU beschäftige sich bis November nur noch mit sich selbst und falle als Opposition in Düsseldorf aus. Neuwahlen sind bis dahin kaum zu erwarten und Fraktionschef Karl-Josef Laumann samt seiner geschrumpften Abgeordnetenriege arbeitet längst daran, den neuen Nicht-Regierenden ihre Lethargie jenseits der Rückabwicklung aller schwarz-gelben Errungenschaften auszutreiben. Der Schritt nach vorn wird nicht ohne Blick zurück möglich sein. Entscheidend könnte werden, wie stark sich die NRW-CDU mit der Niederlage vom 9. Mai beschäftigen mag. Sollte es zu einer klaren Distanzierung kommen, die Formel »System Rüttgers« gebraucht kaum einer in der Union, dann läge Röttgen vorn. Allerdings braucht sich Laschet nicht hinter den schwarz-gelben Regierungsjahren in Düsseldorf zu verstecken. Er war eines der Schwergewichte in NRW.
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