Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zum Thema Kuba:
Bielefeld (ots)
Über schier unglaubliche Zustände in Fidel Castros karibischen Knästen berichtet der nach Spanien abgeschobene Bürgerrechtler Juan Carlos Herrera Acosta. Er ist nicht der einzige. Nach und nach treffen die freigehandelten Dissidenten derzeit in Madrid ein, die 2003 als »Gruppe der 75« zu extrem langen Haftstrafen verurteilt worden waren. Sie wollten damals ein Verfassungsrecht zur politischen Betätigung in Anspruch nehmen. Fidel Castros Rache war furchtbar. Seit langem ist in Europa bekannt, dass politische Häftlinge auf Kuba verprügelt werden, ihnen Medikamente vorenthalten werden oder dass sie bewusst mit TBC-kranken Häftlingen zusammengelegt werden. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Arnold Vaatz, selbst einmal Gewissensgefangener in der DDR, hat dieser Tage eine interessante Frage aufgeworfen: Warum finden die Folterberichte aus Kuba in Deutschland kein Echo? Schließlich habe es hierzulande eine lange Debatte gegeben, als in einem Frankfurter Polizeiverhör einem Kindesentführer Schmerzen angedroht wurden. Mehr noch: Fidel Castro gilt vielen Deutschen und nicht nur den Unbelehrbaren aus der Linkspartei als Lichtgestalt. Ex-Häftling Acosta nennt den nie gewählten Regime-Chef dagegen ein »Monster«. Es gibt keinen politischen Frühling auf Kuba. Mehr als einen Monat nach der angekündigten Freilassung von 52 politischen Gefangenen schwindet die Hoffnung, dass Kuba auf einem Weg zu Menschenrechten und mehr Demokratie ist. Die zwar versprochene, aber längst noch nicht vollständig vollzogene Entlassung der Bürgerrechtler wird begleitet von neuen Festnahmen und gezielter Schwächung der kubanischen Opposition durch die Zwangsexilierung der Freigelassenen. Darüber hinaus sind weitere 170 Gewissensgefangene bei europäischen Menschenrechtlern namentlich bekannt. Der vermeintliche Gnadenakt der Castro-Regierung ist vielmehr Teil eines größeren Deals, den Spaniens Ministerpräsident José Luis Zapatero an der Europäischen Union vorbei ausgehandelt hat: Eine scheinbar humanitäre Geste gegen wirtschaftliche Vorteile für das vor dem Zusammenbruch stehende Regime. Spanien ist größter Investor auf der Insel. De facto ist der 2003 nach der Verhaftungswelle vom Europaparlament beschlossene »gemeinsame Standpunkt« der Europäer ausgehebelt. 25 europäische Menschenrechtsorganisationen appellieren deshalb an die Europäische Union, auf ihrer Sitzung im Herbst kein bilaterales Abkommen mit Kuba zu schließen. Jede politische Hilfe ist eine lebenserhaltende Maßnahme für ein bankrottes Regime. Vieles erinnert an die Spätphase der DDR. Der Zusammenbruch des Honeckerstaats wurde nicht nur mit einem bundesdeutschen Milliardenkredit, sondern auch durch politisches Wohlwollen des Westens um Jahre verzögert.
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