Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zum Thema Deutsche Bahn:
Bielefeld (ots)
Wenn ein Unternehmer Gewinne macht und trotzdem notwendige Investitionen unterlässt, dann läuten bei Banken und Kunden zu Recht die Alarmglocken. Verhält sich der Staat bei einem so wichtigen Infrastrukturbetrieb wie der Deutschen Bahn genauso, dann wird daraus ein Skandal. Es reicht nicht, dass der zuständige Minister poltert und der Bahnchef sich entschuldigt. Hilfreich sind Worte nur, wenn sich hinterher etwas ändert. Schon jetzt steht fest: Es wird wieder einen Winter geben. Und es wird vermutlich wieder kalt. Sogar Schnee ist nicht auszuschließen. Darauf kann und muss sich die Deutsche Bahn als der Verantwortliche für das Netz und größte Anbieter einstellen. Die Liste der Maßnahmen ist bekannt: Eine bessere Herstellerkontrolle muss verhindern, dass Pannenzüge überhaupt auf die Schiene kommen. Wartungsintervalle für Loks, Waggons und andere Bahntechnik müssen so kurz sein, dass Ausfälle in Hochbetriebszeiten möglichst auszuschließen sind. Für den Fall, dass Züge doch stehen bleiben, muss Ersatz kurzfristig beschaffbar sein. Experten empfehlen Leasing. Ein Drittel der Weichen ist nicht beheizbar. Doch auch bei denen, die beheizt sind, führen Schneeverwehungen zu Ausfällen. In solchen Fällen muss Personal schnell bereitstehen, um das Problem vor Ort zu beheben. Personal braucht es zudem in den Zügen, an den Hotlines und in den Bahnhöfen. Selbst der gutwilligste Bahnfahrer ist frustiert, wenn er auf der Suche nach einer Auskunft erst 20 Minuten in einer Schlange anstehen muss. Teurer und deshalb langfristiger sind Investitionen in das Bahnnetz. Der Abbau wenig befahrener Strecken hat es mit sich gebracht, dass für den Fall von Ausfällen kaum noch Ausweichmöglichkeiten vorhanden sind. Daher müssen kleinere Strecken wieder hinzu gebaut werden. Die Finanzierung dieses anspruchsvollen, aber nichtsdestotrotz notwendigen Investitionsprogramms wird nicht dadurch leichter, dass gleichzeitig mehr Geld als geplant in die Instandsetzung des Straßennetzes fließen muss. Doch der Wirtschaftsstandort Deutschland kann sich eine holprige Infrastruktur nicht leisten. Das schadet sonst nicht nur dem Standort, sondern wird am Ende auch teurer. Denn der Preis für eine notwendige Instandhaltung steigt in der Regel, je länger man sie hinauszögert. Auf die Rechnung gehören zudem alle nicht ausgelieferten Waren und Zuliefererteile, die schließlich sogar Zweifel an der Zuverlässigkeit der deutschen Wirtschaft wecken könnten. Deshalb muss die Summe, die für Investitionen an die Bahn fließt, aufgestockt werden - mindestens um die 500 Millionen Euro, die die Bahn deshalb jährlich an den Bund abzuführen hat, weil der Eigentümer das Unternehmen für die Börse aufhübschen möchte. Doch ein Transportunternehmen, das sich nicht nur im Winter, sondern eigentlich zu jeder Jahreszeit über das Wetter beklagt, ist selbst für Börsianer nicht attraktiv.
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