Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zum Zölibat
Bielefeld (ots)
Die Forderung ist so unmissverständlich wie die Replik: CDU-Spitzenpolitiker mahnen die Katholische Kirche, den Zölibat zu lockern, und die Deutsche Bischofskonferenz lehnt ab. Der Streit um den Priesterzölibat, der kirchliches und nicht göttliches Recht darstellt, ist nicht neu. So verlangen Kirchenkritiker und Laienorganisationen vom Vatikan schon lange, das Gebot aufzugeben. Richtig ist auch, dass das Zweite Vatikanische Konzil einst mit Blick auf die Ostkirche festgehalten hat: »Das Wesen des Priestertums erfordert das Eheverbot nicht.« Nichts Neues also von Bundestagspräsident Norbert Lammert und seinen Mitstreitern, sollte man meinen. Doch Rom und die deutschen Bischöfe tun gut daran, den Vorstoß ernst zu nehmen. Schließlich handelt es sich bei den prominenten Unionspolitikern nicht um Sektierer oder eine versprengte Gruppe von Quertreibern, sondern um überzeugte Christen, denen es um die Zukunftsfähigkeit ihrer Kirche geht. Ein großes Leid der Katholischen Kirche in Deutschland ist ja gerade, dass es ihr nicht im ausreichenden Maße gelingt, den praktizierenden Christen die Teilhabe zu ermöglichen, die sie sich wünschen. Hier bleiben - um es mit einem Bibelwort zu sagen - wertvolle Talente ungenutzt für den Gottesdienst und für den Dienst am Nächsten. Und das in einer Zeit, in der ein eklatanter und drastisch zunehmender Priestermangel zu beklagen ist. Schnell kann da Seelsorge in den immer größeren Pastoralverbünden zu einem raren Gut werden. Unehrlich werden die Forderungen nach der Aufhebung des Zölibats allerdings, wenn suggeriert wird, mit einem solchen Schritt ließen sich quasi im Handumdrehen alle drängenden Probleme der Katholischen Kirche lösen. Ein Allheilmittel ist der Verzicht auf den Zölibat sicher nicht, wie ein Blick auf die Evangelische Kirche beweist. Darum sollten die deutschen Katholiken auch alle Anstrengungen unternehmen, das Frauendiakonat zu ermöglichen. Das wäre kirchenrechtlich vermutlich leichter zu erreichen und dürfte mindestens so positive Effekte auslösen, wie sie von der Aufhebung des Zölibats erhofft werden. Unverschämt ist die Forderung nach einer Abschaffung des Zölibats, wo sie von einem »Zwang zur Modernisierung« abgeleitet wird. Die Katholische Kirche hat gewiss allen Grund, sich immer wieder neu an der Lebenswirklichkeit der Menschen auszurichten. Nur so wird sie die Menschen vom Wort Gottes überzeugen können. Das aber kann mit dem Zölibat gelingen, und es kann ohne den Zölibat misslingen. Die Frage des Zölibats ist zweifelsohne eine wichtige Frage der Zukunft - eine unter vielen. Die Katholische Kirche wird sich vom Zölibat trennen, so wie sie sich vor 900 Jahren für ihn entschieden hat. Hektisch und im Dienst eines Zeitgeistes, der heute so, morgen aber schon wieder ganz anders wehen kann, wird sie es aber hoffentlich nicht tun.
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