Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zum Thema Bischofskonferenz:
Bielefeld (ots)
Die Vollversammlung der katholischen Bischöfe Deutschlands in dieser Woche in Paderborn hat Zeichen gesetzt, hohe, vielleicht zu hohe Erwartungen enttäuscht und Klarstellungen gebracht. Der symbolische Akt tiefer Buße und selbstkritischer Umkehr zum Auftakt war ein starkes und glaubwürdiges Signal. Mehr als 2000 Gläubige haben dem beigewohnt und die Ernsthaftigkeit des Anliegens gespürt. Ja, diese Kirche leidet schwer unter dem sexuellen Missbrauch Schutzbefohlener. Sie schämt sich dafür und sagt das auch. Zugleich ist allen bewusst, dass die Verletzungen durch nichts wiedergutgemacht werden können, nicht durch fromme Worte und nicht mit dem Scheckbuch. Aber Kirche, gleich welcher Konfession übrigens, zeigt an dieser Stelle auch, dass sie mit Schuld und Verantwortung anders umzugehen weiß als staatliche oder sonstige Institutionen. Niemand sagt, dass das Kapitel Missbrauch jetzt abgehakt und schlussendlich erledigt sei. Aber eine Wegmarke ist erreicht. Im Spannungsfeld zwischen radikalen Reformern und besorgten Bewahrern des Glaubens tun sich die Bischöfe schwer. Der in Paderborn konkretisierte Dialogprozess ist für viele eine Enttäuschung, weil er kaum über die existierenden Gremien und Gesprächsmöglichkeiten hinaus geht. Allerdings zeigt der Verweis auf das Vorhandene auch, dass es viele Mitwirkungsmöglichkeiten gibt. Niemand in der katholischen Kirche würde bedauern, wenn das noch offensiver genutzt wird. Wirklich problematisch aber bleibt, dass weltkirchliche Fragen ausgeschlossen sein sollen. Das versteht kein Laie. Der Zölibat und die Rolle der Frauen sind nicht nur hierzulande ein Problem. Auch die Frage, wie weit demokratische Mitentscheidung in Glaubensfragen reichen kann, stellt sich weltweit. Leider entsteht der Eindruck, als wollten die deutschen Bischöfe nicht auch Botschafter in Rom sein. In der Ökumene bereitet sich die katholische Kirche auf den 500. Jahrestag der Reformation 2017 vor. Das könnte zu dem spannendsten Projekt der nächsten Jahre werden. Der Geburtstag der einen, ist die schmerzliche Erinnerung der anderen an eine bis heute währende Kirchenspaltung. Eine breite Diskussion darüber, wie viele der 95 Thesen des Reformators überhaupt noch ein Problem darstellen, ist vorstellbar. Auch der glasklare Blick auf das Trennende ist möglich, ohne dass es zu Anfeindungen früherer Zeiten kommt. Unerheblich sollte sein, ob die damalige Exkommunikation, der Rauswurf Martin Luthers aus der katholischen Kirche, noch von Belang ist. Erzbischof Robert Zollitsch hat jedenfalls seinen Frieden mit Luther schon gemacht. Er hält eine Neubewertung des Reformators als Zeuge des Glaubens für möglich, vor allem »wenn man sein ursprüngliches Reformanliegen in den Blick nimmt«. Wie wahr: Das war auch so eine Art Kirchenvolksbewegung.
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