Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) setzt sich in der Donnerstags-Ausgabe mit einem Pro und Contra mit dem Thema Frauenquote auseinander
Bielefeld (ots)
Pro:
Männer (die allgemeine Form muss an dieser Stelle ausnahmsweise zulässig sein) können nicht besser rechnen, schreiben, lenken oder leiten. Es gibt von Natur aus nichts, das sie befähigt, eine Führungsaufgabe zu übernehmen. Die Quantität und Qualität ihrer Schul- und Hochschulabschlüsse spricht im Vergleich mit Frauen gegen sie. Eine Sache können Männer aber gut: sich abschotten. Es ist ihnen sehr daran gelegen, in der Führungsetage unter sich zu bleiben. Warum? Nun: Weil sie den Einzug einer anderen Unternehmenskultur fürchten, weil sie weiter ihre Sprüche klopfen wollen, weil sie Machtspiele lieben, ohne dabei von leistungsstarken Frauen bedroht zu werden. Männerbündelei ist der einzige Grund, warum es nur so wenige Frauen in Führungspositionen gibt. Männerbündelei hat jahrtausendealte anthropologische Wurzeln. Dieses Übel wird auch durch die Erklärung der Dax-Konzerne nicht aus der Welt geschafft. Das Papier ist nichts mehr als eine Hinhaltetaktik. Gerade junge Frauen empfinden den Begriff als einen Makel, der ihre Verdienste schmälert. Sie wollen keine Quotenfrau sein. Sie glauben, wenn sie sich anstrengen, werden sie schon ihren Weg machen. Dieser kann dann ja nur nach oben führen. Die Leistung, die fachlichen und persönlichen Merkmale eines Mitarbeiters setzen sich bei der Personalauswahl nicht durch. Sonst wären ja alle Vorstandsvorsitzenden und Geschäftsführer eine Idealbesetzung. Viele Frauen, die früher gegen eine Quote waren, haben das erkannt. Sie hofften, die Verhältnisse würden sich auf andere Weise ändern. Dies ist aber nicht geschehen. Noch länger wollen sie nicht warten - noch länger darf die Gesellschaft nicht warten. Nur mit einer Quote werden bei der Personalauswahl sachfremde Kriterien ein für alle Mal verbannt. Davon profitieren Frauen und im Übrigen auch Männer - diejenigen, die eigentlich gar nicht Chef sein wollen, und diejenigen, die sich über eine fähige Vorgesetzte freuen.
Contra:
Die Frau als schützenswertes Wesen ist ein Gedanke von gestern - die Frauenquote ebenso. Die zweifellos zu geringe Zahl an Frauen in Führungspositionen ist nicht dadurch zu erhöhen, dass ein von ganz oben aufgestülptes Regelwerk geschaffen wird. Diese Debatte um Quotenfrauen geht sogar an Kernthemen der Frauenförderung vorbei. Die wahren Skandale auf diesem Gebiet kann die Quote nämlich nicht lösen. Sie lauten Mangel an Betriebskindergärten und schlechtere Bezahlung weiblicher Arbeitnehmer. 84 Unternehmen in Nordrhein-Westfalen haben 2010 nach Angaben des Familienministeriums Betreuungsplätze für Jungen und Mädchen im Alter von einem halben bis sechs Jahren angeboten. Bei mehr als 756 700 Unternehmen mit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten in NRW eine klägliche Zahl. Der Karriereknick Kind ist somit fast unvermeidlich. Oft als Nebenaspekt abgetan ist auch die Entlohnung von Frauen in Deutschland ein wesentlicher Missstand. Nach Erhebungen des Statistischen Bundesamtes verdient eine Frau 23 Prozent weniger als ein Mann in vergleichbarer Position. Hier muss die Politik an Lösungen arbeiten und nicht mit einer Quote von diesem inakzeptablen Zustand ablenken. »Quotenfrau« impliziert eine Abwertung. Mit ihr würde ein System geschaffen, in dem sich eine männerdominierte Führungsetage Frauen deshalb gefallen lässt, weil sie sich nicht von ihnen bedroht fühlen müssen. »Ohne die Quote wäre die nicht auf dem Posten«, würden sie sagen. Sie unterschätzen, wie sehr sie in den nächsten Jahren auf das weibliche Geschlecht angewiesen sein werden. Denn das effektivste Mittel, um für eine Wertschätzung von Frauen in der Chefetage zu sorgen, ist ohnehin ein bereits feststehendes: der demografische Wandel. Doch selbst ohne diesen unfreiwillig feministischen Helfer haben es engagierte, gut ausgebildete Frauen nicht verdient, auf dem Weg nach oben von staatlicher Schützenhilfe abhängig zu sein.
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