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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum NRW-Schulkonsens

Bielefeld (ots)

Drei Tage vor Beginn der großen Ferien ist der Landespolitik in NRW doch noch der große Wurf gelungen: CDU, SPD und Grüne rufen den Schulfrieden aus. Die Parteien wollen die jetzt beschlossene Schulstruktur mindestens zwölf Jahre lang nicht mehr antasten. Eltern, Lehrer und vor allem die Schüler können aufatmen. Auch die Kommunen haben endlich Planungssicherheit. Ein Sieg der Vernunft - nicht in erster Linie pädagogosich, sondern vor allem politisch. Die neue Sekundarschule ist ein echter Kompromiss. Sie löst das rot-grüne Versprechen gemeinsamen längeren Lernens ein, darf aber anders als die ursprünglich geplante Gemeinschaftsschule keine eigenständige Oberstufe einrichten und macht somit den Gymnasien vor allem im ländlichen Raum weniger Konkurrenz. Im Gegenzug gibt die CDU ihren Widerstand gegen eine erleichterte Gründung neuer Gesamtschulen mit Oberstufe auf. Die Einigung nützt beiden Lagern. SPD und Grüne waren vor Gericht mit dem Versuch gescheitert, die Gemeinschaftsschule am Parlament vorbei durchzudrücken. Mit der Zustimmung der CDU zur Sekundarschule kann Rot-Grün diese Scharte nun auswetzen. Die NRW-CDU, die im Wahlkampf die emotionale Wirkung der rot-grünen Verheißung von mehr sozialer Gerechtigkeit durch längeres gemeinsames Lernen sträflich unterschätzt hatte, gilt nicht länger als Reformblockierer. Skeptiker in den eigenen Reihen kann die Landespartei mit dem Hinweis besänftigen, dass sich die Bundes-CDU gerade zur perspektivischen Abkehr von der Hauptschule und der Hinwendung zu einem zweigliedrigen Schulsystem entschieden hat. Ob die künftige Sekundarschule tatsächlich gerechter ist, wird sich in der Praxis erweisen. Eine Bevorzugung dieser Schulform durch bessere Lehrerausstattung wird es nicht geben - hier hat sich die CDU durchgesetzt. Der Wettbewerb ist fair, am Ende mag es sogar mehrere Sieger geben. Die Sekundarschule kann in ländlichen Gebieten mit stark rückläufigen Schülerzahlen die einzige Möglichkeit sein, ein qualifiziertes Bildungsangebot aufrecht zu erhalten. Zugleich stehen die Sekundarschulen vor der pädagogischen Herausforderung, langsameren und schnelleren Schülern gleichermaßen gerecht zu werden. Die Instrumente dafür müssen erst noch erprobt werden. Die Entscheidung darüber, welche Schulform für welchen Ort die richtige ist, wird künftig vor allem in den Stadt- und Gemeinderäten zu fällen sein. Bildungspolitisches Kirchturmdenken darf es nicht mehr geben. Die große Landtagskoalition der Schulreformer muss allerdings noch eine Herausforderung meistern: Die verbliebenen Hauptschulen dürfen nicht dem Siechtum preisgegeben werden. Sie müssen die Gewissheit erhalten, dass sie bis zum letzten Schultag jene Wertschätzung und Ausstattung erhalten, die ihnen zusteht.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

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