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Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zum Thema "Unruhen in Kairo":

Bielefeld (ots)

Es ist Zeit aufzuwachen. Es ist Zeit, die Traumtänzerei von einem friedlichen Übergang zur Demokratie im islamisch-arabischen Gürtel von Casablanca bis Taschkent zu stoppen, die Illusion von den friedliebenden Muslimbrüdern und den demokratiebereiten Generälen in Kairo aufzugeben. Die Toten von Kairo - das ist die Realität. Diese Toten erzählen uns, dass es einen totalisierenden Kern im Islam gibt, der zum blutigen Dschihad drängt. Sie zeigen uns ferner, dass die Generäle an einer Wahl nicht wirklich interessiert sind, weil sie wissen: Wenn die Muslimbrüder erst einmal an der Macht sind, wird es uns genauso ergehen wie Husni Mubarak. Die Generäle haben ein Interesse an Tumulten, an Toten, an aufgewühlten Massen. Das gibt ihnen die Handhabe, Wahlen zu verschieben. Deshalb ist die in Kairo zu hörende These durchaus glaubwürdig, wonach die Junta einen mit Steinen, Stöcken und Gewehren bewaffneten Mob aus Straßenschlägern auf die friedlichen Demonstranten losgelassen hätte. Unter den Demonstranten waren Christen und gemäßigte Muslime. Sie wollen ein angstfreies, ein demokratisches Ägypten. Sie waren keine Freunde der Diktatur Mubaraks. Aber sie ahnen, dass der Diktator recht hatte, als er sagte: »Solange ich an der Macht bin, ist das Land stabil. Aber ich weiß nicht, was nach mir kommt.« Nach ihm kommt jetzt erst mal eine Zeit der Ungewissheit. Dann dürfte eine Zeit folgen, in der die Islamisten eine Rennaissance erleben. Davor haben sie Angst. Es reicht eine Handvoll entschlossener Islamisten, um die Lunte am ägyptischen Pulverfass anzuzünden. Die Toten von Kairo sind in diesem Sinn eine Warnung. Die Warnung gilt nicht nur den Christen. Auch die gemäßigten Muslime fürchten die apokalyptischen Reiter des Islam. Es sind diejenigen, die keine Interpretation des Koran dulden, die die Scharia mit den drakonischen Strafen einführen wollen, die nicht erlauben, dass Koran und Prophet hinterfragt werden. Das tut übrigens auch die Friedensnobelpreisträgerin aus dem Jemen nicht. Sie will keine Revolution, sie will nur eine Diktatur loswerden. Diesem seit dem 13. Jahrhundert vorherrschenden statischen Denken in der islamischen Welt steht mit der arabischen Rebellion ein neues, dynamisches Denken gegenüber. Die jungen Leute, die im Internet die Welt sehen, akzeptieren nicht mehr so ohne weiteres alles, was die Mullahs sagen. Sie vergleichen und das ist bereits eine Form des Hinterfragens und Forschens, die eine gewisse Unbotmäßigkeit nach sich zieht. Dieses Denken wird obsiegen, weil es nach Freiheit drängt. Bis dahin aber wird die islamische Welt sich polarisieren und werden sich Ereignisse wie jetzt in Kairo häufen. Europa muss aufhören, von der gewaltfreien, toleranten, heilen Welt des weisen Nathan im Nahen Osten zu träumen. Es täte gut daran, die gemäßigten Kräfte zu suchen und zu unterstützen.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

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