Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zum Thema FDP:
Bielefeld (ots)
Bei der FDP geht es immer noch ein bisschen schlimmer: Der Generalsekretär schmeißt hin, der Mitgliederentscheid zum Euro ist ein einziges Chaos, und was macht der Parteichef? Philipp Rösler redet naiv-fröhlich von der Chance zu einem Neuanfang. Die Liberalen scheinen endgültig auf dem Niveau angekommen zu sein, das ihnen in Umfragen schon seit Monaten bescheinigt wird. Diese FDP ist tatsächlich eine nicht mehr ernst zu nehmende Splittergruppe. Längst funken die Altvorderen der Partei SOS - Existenzangst macht sich breit. Auch darin hat die Partei zwar eine gewisse Erfahrung, weshalb man von voreiligen Nachrufen besser absieht. Eine Garantie auf Unkaputtbarkeit gibt es allerdings auch für die Liberalen nicht. Die Boygroup jedenfalls aus Rösler, Lindner und Daniel Bahr löst sich auf, noch bevor der erste Hit gelandet wurde. Flops dagegen gab es reichlich, von den desaströsen Schlappen bei den jüngsten drei Landtagswahlen bis hin zu peinlichen Kompetenzrangeleien. Das Urteil fällt folglich verheerend aus: Das jung-dynamische Trio war zwar in der Lage, sich die Macht zu sichern, konnte damit aber in mehr als einem halben Jahr rein gar nichts anfangen. Schlechter hätte die Partei auch unter Guido Westerwelle heute kaum dastehen können. Lindners designierter Nachfolger Patrick Döring ist um seine Aufgabe nicht zu beneiden. Entscheidend aber ist nicht, wen die FDP als Generalsekretär hinstellt, sondern was sie darstellen will. Neue Impulse suchte man zuletzt vergeblich. Der von Rösler propagierte »mitfühlende Liberalismus« ist nichts weiter als eine Worthülse. Offensichtlich fehlt den Liberalen jede Idee für ein sinnstiftendes Thema, nachdem ihnen ihr Steuermantra erst durch Wolfgang Schäubles Sturheit und dann durch Angela Merkels Mogelpackung entrissen wurde. Außer seinem Rücktritt hat Lindner gestern übrigens nichts erklärt. Ein Bauernopfer ist er aber ganz sicher nicht. Eher schon hat sich der kluge Stratege zum einzig noch möglichen Zeitpunkt aus der Schusslinie gebracht. Für Parteichef Rösler dagegen zieht sich die Schlinge langsam, aber sicher zu. Er steht nun allein im Wind. Der neue Generalsekretär taugt kaum als Schutzschild. Ein weiterer Misserfolg bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein dürfte Röslers schnelles Aus als FDP-Parteichef besiegeln. Schon winkt Rainer Brüderle als neuer starker Mann. Und was bedeutet das alles für die schwarz-gelbe Bundesregierung? So gut wie nichts, denn dort ist die FDP eh nur noch ein geduldeter Gast. Der Jubel der Opposition kommt also zu früh. Eine so mit sich selbst beschäftigte FDP wird der Kanzlerin keinen größeren Ärger machen können. Und für die Zeit nach 2013 plant Angela Merkel sowieso schon lange nicht mehr mit einem Koalitionspartner FDP.
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