Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum FDP-Mitgliederentscheid
Bielefeld (ots)
Endlich mal eine gute Nachricht für die Freien Demokraten. Sie lautet: Philipp Rösler ist noch immer Parteichef. Der Mitgliederentscheid hat ihn gerettet. Ein anderes Ergebnis hätte für ihn das Ende bedeutet. So darf Rösler Parteivorsitzender bleiben - vorerst jedenfalls. Der Nachfolger von Guido Westerwelle darf aufatmen.
Er hat eine harte Woche hinter sich. Und am Ende war sie sogar von einem kleinen Erfolg gekrönt. Dennoch befindet sich die Partei in einer ganz schlimmen Verfassung. Spott und Häme müssen die Liberalen seit Tagen über sich ergehen lassen - aber wen wundert's? Und wer keine Witze über die FDP macht, empfindet vielleicht noch etwas Mitleid. So auch der CDU-Bundesfinanzminister. Wolfgang Schäuble hat - charmant wie er ist - dem angeschlagenen Koalitionspartner ganz freundschaftlich die Hand gereicht. Schäuble versicherte, in dieser schweren Situation auf die FDP Rücksicht nehmen zu wollen. Das wird den Liberalen sicher gut tun.
Fast schon gebetsmühlenartig haben nahezu alle FDP-Spitzenpolitiker am Freitag betont, wie sehr der Mitgliederentscheid Philipp Rösler den Rücken gestärkt hat. Das zeigt, wie eng es für den Vorsitzenden tatsächlich ist. Rösler ist aus dieser Chaos-Woche mit einem gelb-blauen Auge davon gekommen. Der Rückzug des Generalsekretärs Christian Lindner lastet tonnenschwer auf ihm. Hinzu kommt, dass die FDP zur Zeit weder ein gutes Thema noch gutes Personal hat - ganz zu schweigen von dem desaströsen Image, nach wie vor eine Partei zu sein, die wahrscheinlich in dieser Legislaturperiode nie mehr liefern wird.
Hinzu kommt die Performance, die nicht zuletzt bei der Durchführung des Mitgliederentscheids schlechter nicht hätte sein können. Wie die Parteispitze mit dem Votum umgegangen ist, hat zahlreiche Mitglieder zu Recht irritiert. Dass Rösler schon vor Fristende die Zahlen interpretiert hat, war unklug. Es könnte gut sein, dass Unstimmigkeiten zwischen Rösler und Lindner diesbezüglich für Lindners Rücktritt ausschlaggebend waren. Immerhin ist er am Tag nach Fristende zurückgetreten. Dass Philipp Rösler die vorzeitige Äußerungen zum Mitgliederentscheid bedauert hat, macht die Sache nicht besser. Ebenso wenig, dass er zum Rückzug Lindners weiter beharrlich schweigt.
Nicht schweigen werden die Euro-Kritiker innerhalb der FDP. Die Niederlage beim Mitgliederentscheid wird sie nicht davon abhalten, weiter Druck machen. Kann der FDP-Parteichef unter diesen Umständen auf einen Aufwind hoffen? Wohl kaum. Die Führungskrise geht weiter. Der Mitgliederentscheid sorgt zwar für etwas Ruhe. Es könnte die Ruhe vor dem Sturm sein.
Philipp Rösler darf noch eine Weile Parteichef bleiben - auch mangels Alternativen. Beim traditionellen Dreikönigstreffen wird die FDP einen x-ten Neuanfang versuchen und den Zusammenhalt der Partei beschwören. Aber spätestens im Mai ist Schluss mit lustig. Dann wird in Schleswig-Holstein gewählt.
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