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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Wulffs Kreditaffäre

Bielefeld (ots)

Christian Wulff stiehlt sich nicht aus dem Amt. Damit unterscheidet er sich von seinem Vorgänger Horst Köhler, der nach nicht einmal überlauter Kritik an allenfalls missverständlichen Äußerungen zur Rolle der Bundeswehr im Auslandseinsatz mangelnde Loyalität empfand und frustriert den Bettel hinwarf.

Seit Samstag ist klar, dass Christian Wulff nicht den leichten Weg gehen wird. Wulff kämpft. Dafür verdient er Respekt. Die Gretchenfrage hat der Bundespräsident für sich selbst beantwortet: Er erkennt kein Unrecht in dem umstrittenen 500 000-Euro-Kredit, den nach Wulffs Lesart die Unternehmerehefrau Edith Geerkens gewährt hat, der tatsächlich aber wohl zumindest im aktiven Einvernehmen mit ihrem Ehemann Egon zustande gekommen ist. Die Frage, ob Wulff als Ministerpräsident den niedersächsischen Landtag korrekt über seine Geschäftsbeziehungen informiert hat, ist damit schon fast zur Nebensache geworden. Die Spitzfindigkeit seines Tuns hat Wulff bereits am Donnerstag halb eingeräumt.

Doch von Reue keine Spur. »Man muss selber wissen, was man macht. Das muss man verantworten - und das kann ich. Das ist das Entscheidende«, sagte Wulff am Samstag. Den Staub, den der Präsident durch die Berichte über seine privaten Geschäfte aufgewirbelt sieht, schüttelt er ab. Zu Wulffs aktiver Verteidigung passt die Veröffentlichung der Urlaubsliste: private Einladungen, vielleicht etwas aufwendiger als im gemeinen Wahlvolk üblich, aber eben privat - so soll die Botschaft lauten.

Dabei hätte der Präsident durchaus eine weitere Option gehabt: eine Entschuldigung verbunden mit dem Eingeständnis, dass die Annahme des Kredits ein Fehler gewesen war. Menschlich nachvollziehbar, aber eben falsch. Damit wäre Wulff sogar sich selbst treu geblieben. »Ich hoffe sehr, dass man gerade durch das Umgehen mit einem Fehler sich Vorbildhaftigkeit erhält. Die braucht die Politik nämlich«, sagte Wulff im Januar vergangenen Jahres nach seiner Flugticket-Affäre, die er durch Nachzahlung und Selbstkritik beendete.

Doch die Absolution, die sich Wulff damals selbst erteilte, verwehrt er sich diesmal. So wird die Kreditaffäre also von einer moralischen auf eine juristische Ebene gehoben. Wulff hat dabei nicht einmal schlechte Karten. Denn der aktuelle Erlass zum Ministergesetz, der die Annahme zinsverbilligter Kredite untersagt, trat erst am 1. September 2009 in Kraft. Den Kredit aber hatte Wulff bereits im Jahr zuvor aufgenommen. Juristisch befindet sich Wulff also allenfalls in einer Grauzone. Ein alles überstrahlender Präsident kann Wulff kaum mehr werden. Aber Präsident bleiben - das mag ihm tatsächlich gelingen. Falls nicht neuer, noch düsterer Staub aufgewirbelt wird.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

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