Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Syrien
Bielefeld (ots)
Es ist eine Visite der arabischen Art. Die seit Dienstag nach Syrien entsandten Beobachter können die Gewalt nicht stoppen - was logisch ist- aber sie können sie offenbar auch nicht entdecken, was Anlass zu großer Sorge gibt. Die Abgesandten der Arabischen Liga scheinen nicht einmal ernsthafte Inspekteure zu sein. Bislang gab es nur eine oberflächliche Umschau immer an solchen Plätzen, die das syrische Militär zuvor gründlich aufgeräumt hatte. Das Ergebnis ist, wie zu erwarten, kein Abbild der Wirklichkeit. Potjomkin statt Protesten. Schlimmer noch. Es gibt Anlass zu ernsthaften Zweifeln am Aufklärungsinteresse derdiplomatischen Delegation. Allen voran der Chef der Mission, der sudanesische General Mustafa al-Dabi. Dessen geradezu naive Ersteinschätzung lässt ahnen, wessen Geistes Kind er ist: »Einige Plätze sehen ein bisschen durcheinander aus, aber ansonsten gibt es nichts Beängstigendes.« Der hohe Offizier hat selbst reichlich Blut an den Händen. Daheim im Sudan war er in der Krisenregion Dafur im Einsatz. Dort bombardiert das Militär seit 2003 ungeschützte Dörfer und überlässt ihren Hilfstruppen, den Dschandschawid, Mordbrennerei, Vergewaltigung und Völkermord. Die Arabische Liga hat jüngst ausgerechnet noch Dabis diplomatische Erfahrung besonders herausgestellt. Ganz deutlich: Vor der Armee, die auch General al-Dabi befehligt, sind 2,9 Millionen Menschen geflüchtet. 300 000 Dafuris wurden systematisch getötet. Al-Dabis Oberbefehlshaber und enger Vertrauter, der sudanesische Präsident Omar al Baschir, ist weltweit zur Fahndung ausgeschrieben, weil er vor das Völkerrechtstribunal in Den Haag gestellt werden soll. Ungeeignete Inspekteure, stets in Begleitung syrischer Offiziere, und verharmlosende Berichte des Delegationschefs: Bei der syrischen Opposition ist das Entsetzen groß. Sie muss den Eindruck haben, das Assad-Regime solle reingewaschen werden. Anders die US-Regierung: Sie hält sich - noch - zurück, betont, dass die Mission erst am Anfang steht, und verlegt sich auf die Beobachtung der Beobachter. Auch Deutschland verlangt noch nicht mehr als freien Zugang für die Inspekteure. Die syrische Demokratiebewegung ist und bleibt auf sich allein gestellt. Kein Eingriff westlicher Staaten wie in Libyen, keine wirkliche Unterstützung der Sicherheitsrats-Mitglieder China und Russland, und jetzt auch kein Zeichen von Engagement zu ihren Gunsten durch die Inspekteure der Arabischen Liga. Dabei hatten die Aufständischen sehnlich darauf gehofft, dass endlich unabhängige Beobachter von außen, seien es Journalisten oder Diplomaten, die Lügen und Verdrehungen der Regierung Assad widerlegen. Bis Ende Januar werden 200 Inspekteure der Arabischen Liga in Syrien bleiben. Es gibt für sie noch viel zu entdecken.
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