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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum angekündigten Warnstreik im Öffentlichen Dienst

Bielefeld (ots)

Streiks sind ein legitimes Mittel, um Arbeitgeber, die von ihren Gewinnen nichts an die Beschäftigten abgeben wollen, zu Gehaltserhöhungen zu zwingen. Streiks verlieren aber ihre Legitimität, wenn sie stattdessen dazu dienen, in die Schlagzeilen zu kommen und die Mitglieder darüber zu informieren, dass jetzt Tarifverhandlungen stattfinden. Die Welle sogenannter Warnstreiks, die Verdi angestoßen hat und die jetzt Ostwestfalen-Lippe erreicht, kommt viel zu früh. Man wirft keinen Felsen in einen still ruhenden See, wenn ein kleiner Stein den gleichen Effekt haben kann. Der Schaden für die Bürger, die im Fall des Öffentlichen Dienstes Arbeitgeber sind, auch wenn sie nicht am Verhandlungstisch sitzen, ist einfach zu groß. Zugegeben: Die Löhne und Gehälter für die Krankenschwester, den Straßenfeger, den Polizisten und die Sachbearbeiterin in einer kleinen Stadtverwaltung sind nicht so hoch, dass alle anderen vor Neid erblassen müssten. Deshalb kann die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi sicher sein, dass ihre Forderung nach einem Mindestbetrag auf große Zustimmung stößt. Ob es allerdings gleich 200 Euro sein müssen, die im Einzelfall eine Lohnerhöhung von mehr als 13 Prozent bedeuteten, ist eine andere Frage. Ganz aus der Realität aber fallen die 6,5 Prozent, die Verdi für alle Beschäftigten fordert. Zwar bewegt sich der Öffentliche Dienst mit dieser Forderung »nur« im Gleichklang mit der Metallindustrie und anderen Branchen. Verdi vergisst jedoch, dass der Staat auf einer ganz anderen Grundlage verhandelt. Viele Städte und Gemeinden sitzen auf einem Schuldenstand, der dem des Staates Griechenland vergleichbar ist. Jedes Baby kommt 2012 in Deutschland mit mehr als 20 000 Euro Schulden auf die Welt, die der Staat ihm eingebrockt hat. Eigentlich müssten Bund und Kommunen nicht über Lohnerhöhungen, sondern über einen Sanierungstarif verhandeln. Vor diesem Hintergrund sind 6,5 Prozent selbst dann überzogen, wenn man in Rechnung stellt, dass die Forderung der Gewerkschaft natürlich höher sein muss als das, was erst noch verhandelt wird. Vor diesem Hintergrund ist allerdings auch das Verhalten der Verhandlungsdelegation der Arbeitgeber unverständlich. Sie müsste eigentlich darauf aus sein, schnell zur Sache zu kommen. Stattdessen kam sie mit weniger als einem Nullangebot zum ersten Verhandlungstermin. Die leeren Hände, die ihre Verhandlungsführer vorzeigten, waren auch eine Art Warnstreik und in jedem Fall ein Affront. Beide, der Steuerzahler und der Beschäftigte im Öffentlichen Dienst, dürfen von ihren Vertretern erwarten, dass sie ernsthaft verhandeln. Das Korsett, in dem sie ein Ergebnis finden müssen, ist zu eng für spektakuläre Aktionen auf der Straße. Zugegeben, man kann es weiten. Doch dafür müsste der Staat die Struktur der Kommunalfinanzen verändern und an anderen Stellen sparen. Vorschläge sind willkommen.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

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