Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zur Papstreise:
Bielefeld (ots)
»Nieder mit dem Kommunismus, nieder mit der Diktatur.« Der Ruf eines Dissidenten kurz vor Beginn des ersten Gottesdienstes von Papst Benedikt XVI. auf Kuba kam wenig überraschend, dennoch zeugt der Protest von unglaublichem Mut. Drei bis fünf Jahre Haft sind dem Mann sicher, falls die Erklärung von Vatikan-Sprecher Federico Lombardi das letzte Wort zu dem »kleinen Zwischenfall« bleibt: »Jeder sollte das Recht haben, seine Meinung zu äußern, die Gläubigen müssen aber auch das Recht haben, ohne Komplikationen den Papst zu erleben.« Will sagen: Ruhe ist erste Christenpflicht. Kommunismus und Katholizismus kommen sich gefährlich nahe bei dieser Pilgerreise des Papstes, die schon vorweg von Zumutungen begleitet war. Vor zehn Tagen ließen die Behörden ein Gotteshaus räumen. Kirchenasyl? Unbekannt. Hunderte Bürgerrechtler wurden weggesperrt. Protest aus Rom? Fehlanzeige. Das Regime hatte danach keine Hemmungen mehr, mit Knüppeln und der Androhung sexueller Übergriffe die »Weißen Damen« öffentlich einzuschüchtern. Deren Bewegung stammt aus dem Kreis jener 75 Regimekritiker, die 2003 zu extrem langen Haftstrafen verurteilt worden waren. Seit 2011 sind alle frei. Nicht auszuschließen, dass die Papstvisite Teil jenes von der Kirche ausgehandelten Deals ist, der den Überlebenden Freiheit, aber auch Abschiebung bescherte. Am ersten Besuchstag dann der Gipfel: Der kubanische Staatssicherheitsdienst hindert bekannte Bürgerrechtler daran, am Gottesdienst mit dem heiligen Vater teilzunehmen. Einer, der es doch schafft, wird auf dem Messegelände festgenommen. So wenig Havanna zu wirklichen Reformen bereit ist, so aussichtslos ist der Versuch Roms für die Kubaner etwas zu erreichen. Schon der Besuch von Papst Johannes Paul II. 1998 hat kaum mehr hinterlassen als schöne Bilder mit Fidel Castro. Damals wurde verabredet, dass christliche Hilfswerke auf der Insel tätig werden dürfen. Heute sind alle desillusioniert. Hilfe für die Armen und Beladenen, ja gerne. Aber Gottes Wort? Bloß nicht! Auf Kuba gibt es nur eine Partei und eine Wahrheit. Dabei steht das spätsozialistische System vor dem Zusammenbruch. Mit halbherzigen Reformen rettet es sich über die Zeit. Der Papstbesuch dient der Stabilisierung brüchiger Strukturen von gestern. Immerhin hat Benedikt Fortschritte in den Beziehungen Roms mit den Castros angemahnt. Außerdem hat er in Gegenwart von Raul Castro öffentlich von den Wünschen des Volkes, nicht der Führung, gesprochen. Der nie gewählte Präsident antwortete, man werde seiner Botschaft mit Respekt zuhören, aber Kuba werde auch seinen Kampf für eine bessere Welt fortsetzen. Eine unglaubliche Frechheit! Benedikt hätte besser getan, wenn er von Mexiko direkt nach Rom geflogen wäre.
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