Westfalen-Blatt: Das WESTFALEn-BLATT (Bielefeld) zum Atomstreit
Bielefeld (ots)
Kaum ist der Atomgipfel in Seoul beendet, schon rasselt Nordkorea mit dem Säbel. Der stalinistische Steinzeitstaat will eine Langstreckenrakete testen - angeblich, um den 100. Geburtstag seines Gründers zu feiern. Südkorea, Japan und die USA sind besorgt: Der Test verstieße gegen eine UN-Sanktion, und Nordkorea könnte die Rakete später atomar bestücken. Das würde die ganze Region bedrohen. US-Präsident Barack Obama und der japanische Verteidigungsminister Naoki Tanaka reagieren scharf: Obama kündigt die amerikanische Nahrungsmittelhilfe für Nordkorea, Tanaka will die Rakete eventuell abfangen und zerstören, und auch Südkorea ist zum Abschuss bereit. Diese Krise erinnert an die schwärzesten Tage des Kalten Krieges. Trotz ihrer Bedrohlichkeit ist das Szenario nicht neu: Nordkorea kann eine lange Geschichte von Provokationen und Vertragsverletzungen vorweisen. Dennoch überrascht, wie schnell das letzte internationale Abkommen mit Nordkorea zerbricht - das erste, das mit dem neuen Führer Kim Jong-Un im Februar ausgehandelt wurde. Pyönyang hatte sich darin verpflichtet, Raketentests und Urananreicherung zu unterlassen und Kontrollen der Internationalen Atomenergiebehörde zu erlauben. Diese Absprache ist jetzt Makulatur. Nordkorea pocht auf sein Recht, zivile Satelliten stationieren zu dürfen. Allerdings glaubt niemand an den zivilen Zweck des Raketenstarts. Deshalb hat der UN-Sicherheitsrat bereits 2009 Nordkorea jegliche Raketentests verboten. Bis vor kurzem war der Machtübergang auf den jungen Kim Jong-Un problemlos verlaufen; jetzt mehren sich Gerüchte, die Betonköpfe im Militär könnten einen Machtkampf mit dem neuen Führer anzetteln. Gleichviel, der Westen und die Anrainerstaaten haben ihr Vertrauen in Kim Jong-Un verloren. Dennoch wäre es fahrlässig, Nordkorea einseitig zu verteufeln. So hat es die Obama-Regierung immer noch nicht geschafft, Nordkorea offiziell diplomatisch anzuerkennen. Für Washington bleibt das Land ein »Schurkenstaat«, mit dem man am liebsten gar nicht redet. Das ist eine fantasielose Politik. Immerhin haben Moskau und Peking Südkorea nach dem Kalten Krieg anerkannt und die Krise entschärft - auch wenn Südkorea primär mit den USA verbündet bleibt. Aber eine Politk, die den Gegenüber ignoriert und ablehnt, kann keine neuen Wege gehen. Die Dauerkrise um Nordkorea erfordert Mut und mehr Einfallsreichtum. Auch steht Amerikas Außenpolitik in der Region auf dem Prüfstand. Obamas Versprechen, die USA als Sicherheitsgaranten zu stärken, verführt die Südkoreaner und Japaner zur Passivität. Anstatt das Nordkoreaproblem selbst offensiv anzugehen, verlassen sie sich auf den »großen Bruder« aus Amerika. Frieden und Sicherheit hängen somit vom guten Willen der USA ab. Da die Amerikaner aber nicht daran denken, eine neue Beziehung zu Pyönyang aufzubauen, bleibt das Nordkoreaproblem ungelöst.
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