Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Syrien
Bielefeld (ots)
Die Hoffnung stirbt zuletzt. Dieser Satz wird in Syrien Wirklichkeit. Dort stirbt die Hoffnung auf ein Umsetzen des Friedensplans von UN-Vermittler Annan; ein Plan, der nur eine Waffenruhe vorsieht. Gestern starben wieder Menschen - trotz des Abkommens. Heute wollen die Gegner des Regimes die Waffenruhe und Assad mit Massenprotesten auf die Probe stellen. Das Schlimmste ist zu befürchten. Das muss auch Annan denken. In Teheran bekam er eine Abfuhr, das Bündnis Teheran-Damaskus hält. Die Mullahs setzen darauf, dass ihr Verbündeter die Opposition niederkartätscht. So hat es auch schon sein Vater getan, den die Intellektuellen von Beirut gern den »arabischen Bismarck« nannten, weil er sich überall rückversicherte, die ganze Region im Blick hatte und vor Gewalt nicht zurückschreckte. Den Libanesen ist diese »Politik« der Dynastie Assad bekannt. Syrische Panzer umzingeln eine Stadt und schießen wahllos hinein, bis sich nichts mehr regt. So geschah es, als Anfang der achtziger Jahre syrische Panzer Granate um Granate in die Wohnviertel der Christen von Beirut abschossen. Amerika protestierte, die UNO protestierte, Frankreich protestierte, die Russen schwiegen. Heute heißen die Städte Homs und Hama und der Verantwortliche für die Massaker nicht Hafez, sondern Baschir al Assad. Auch heute schweigt Moskau und blockiert jede harte Resolution. Aber anders als damals weiß der Clan Assad, dass es hier und heute um das Regime selber, um Sieg oder Tod geht. Und im Moment stehen die Zeichen eher auf Sieg. Bislang hat das Regime nicht einmal die Luftwaffe eingesetzt. Der Plan eines Waffenstillstands auf Dauer hat für Assad erst eine Chance, wenn die Gegner des Regimes unter den Trümmern von Homs und Hama begraben liegen. Wenn die Hoffnung auf Wandel gestorben ist. Aber mit der Türkei ist ein neuer Faktor auf den Plan getreten. Sollte Ankara seine Drohung wahrmachen und auf militärische Weise humanitäre Korridore für die Flüchtlinge schaffen, dann brennt die Lunte am Pulverfass. Das umso mehr, als sich hinter den kämpfenden Parteien noch andere Interessen verbergen. Das alawitische Regime Assads steht im Lager der Schiiten, an der Seite der Mullarchie in Teheran und der Hisbollah im Libanon. Die Rebellen werden von den sunnitischen Regimen Saudi-Arabiens und Katars angefeuert. Über Jordanien werden Waffen und Kommunikationsgeräte in Rebellenhochburgen geschleust. Die sunnitische Regierung Erdogans wird für ihre Glaubensbrüder Partei ergreifen. Noch tobt der Kampf innerhalb der Grenzen Syriens. Aber der Funke kann schnell überspringen. Das Feuer des religiösen Fanatismus, der in dem schiitisch-sunnitischen Konflikt seit Jahrhunderten schlummert, kann jeden Moment auflodern. Und einem Regime, das an der Wand steht, kann solch eine Internationalisierung nur recht sein - solange die Russen den Rücken freihalten.
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