Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Militärausgaben
Bielefeld (ots)
Die Militärausgaben sind 2011 weltweit kaum gestiegen. Diese Nachricht wird vom Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri verbreitet, und man könnte meinen, die Welt sei zur Vernunft gekommen. Denn stagnierende Rüstungsausgaben sind besser als noch mehr Geld für Soldaten, Bomben und Raketen. Doch der Schein trügt: Zwar haben die USA, Großbritannien, Deutschland und Frankreich ihre Militärausgaben leicht verringert, zugleich legen China, Russland, Indien und Saudi-Arabien aber kräftig zu. Unterm Strich bleibt alles gleich: Die Welt gibt jährlich 1,7 Billionen US-Dollar für die Rüstung aus. Das sind 1700 Milliarden Dollar, die nicht für Bildung, Kultur, Gesundheit, Trinkwasser oder die Umwelt verwendet werden. Bedenklich ist auch, dass die Militärausgaben in den vergangenen zehn Jahren um gut 50 Prozent gestiegen sind. Ein echter Abrüstungswille ist somit nicht erkennbar, denn jüngste Kürzungen in den USA und Europa sind mehr konjunkturell als politisch bedingt. Zwar will die Obama-Regierung 480 Milliarden Dollar bis 2021 einsparen, doch hier muss der Kongress zustimmen: Viele Abgeordnete weigern sich, Rüstungsprojekte in ihren Wahlkreisen zu streichen. Langfristig ist somit nicht abzusehen, ob die USA tatsächlich ihren 700 Milliarden Dollar schweren Militärhaushalt kürzen werden. Anstatt abzurüsten kauft die Welt weiterhin Unmengen von Waffen. Besonders die USA heizt ihren »militärisch-industriellen Komplex« an - eine fatale Allianz aus Abgeordneten, Lobbyisten und Militärs, die das Land »militärisch sicher« halten wollen. Doch wie viele Waffen brauchen die USA wirklich? Benötigt Amerika 12 Flugzeugträger, 14 000 Flugzeuge, 300 Kriegsschiffe, eineinhalb Millionen Soldaten und mehr als 700 militärische Einrichtungen im Ausland, um sich sicher zu fühlen? Die Frage beantwortet sich von selbst. Russland und China liegen zwar militärisch weit hinter den USA, aber auch diese Nationen rüsten auf - Russland, weil es geopolitisch wieder mitspielen will, China, weil es die Vorherrschaft in Ostasien anstrebt. Saudi-Arabien, Indien und Brasilien denken nicht daran, ihre Streitkräfte zu reduzieren, und auch im Nahen Osten, in Afrika und Lateinamerika dreht sich die Rüstungsspirale fast ungehindert weiter. Der Sipri-Bericht gibt dazu detaillierte Auskunft. Immerhin regt sich ziviler Widerstand gegen den Rüstungswahn. Jüngst haben Friedensinitiativen - unter anderem auch die katholische Pax Christi - den globalen Appell »Abrüstung für Entwicklung« veröffentlicht. Darin schlagen sie vor, durch Abrüstung gespartes Geld weltweit für soziale, wirtschaftliche und ökologische Programme zu verwenden. »Die Welt braucht endlich Abrüstung«, meint Christine Hoffmann von Pax Christi. Recht hat sie. Denn jedem wird schwindelig beim Gedanken, was mit den Hunderten von Rüstungsmilliarden im Zivilsektor alles erreicht werden könnte. Doch davon steht leider nichts im Sipri-Bericht.
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