Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Führerschein mit 16
Bielefeld (ots)
Die Gedanken sind frei. Doch gerade Politiker sollten wissen, dass sie nicht jeden Unsinn auch lauthals herausposaunen müssen, nur um endlich mal in die Schlagzeilen zu kommen. Denn anders als blanken und vor allem auch gefährlichen Unsinn kann man den Vorstoß des Parlamentarischen Staatssekretärs im Verbraucherministerium, Peter Bleser (CDU), hinsichtlich des Führerscheins mit 16 wirklich nicht nennen. Schließlich ist schon jetzt die Gruppe der jungen Autofahrer zwischen 18 und 24 überproportional am Unfallgeschehen beteiligt. Passend zu dem indiskutablen Vorschlag wurde gestern das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage bekannt, nach der mehr als die Hälfte der jungen Fahrer die Gefahren von Alkohol und/oder Drogen am Steuer ausblenden. 58 Prozent der Befragten erklärten zudem, auch nach dem entsprechenden Genuss noch selbst Auto zu fahren oder bei einem angetrunkenen Fahrer einzusteigen. Der Blick in die Statistik zeigt die Folgen. 24 Prozent aller Pkw-Unfälle mit Personenschaden werden von der oben genannten Altersgruppe, die gerade einmal acht Prozent der Bevölkerung ausmacht, verursacht. Von den tödlich verunglückten Autofahrern sind nach Angaben der Unfallforscher sogar 28 Prozent in diesem Alter. Es ist keinesfalls Schwarzmalerei, von einer deutlichen Steigerung der Unfall- und auch Todeszahlen auszugehen, wenn diese Altersgrenze jetzt noch weiter nach unten verschoben würde. Dafür sprechen auch nicht die positiven Erfahrungen, die das Projekt Führerschein mit 17 gebracht haben. Denn hier sitzt ein ganzes Jahr lang bei jeder Fahrt ein erfahrener Erwachsener auf dem Beifahrersitz. Das hilft, um Anfänger- und Leichtsinnsfehler zu vermeiden, gibt den Fahranfängern zudem das notwendige Vertrauen, um auch Stresssituationen erfolgreich zu bestehen. Blesers Vorstoß ist umso unverständlicher, da es seit langem eine Ausnahmeregelung für junge Menschen im Alter von 16 Jahren gibt. In besonderen Fällen besteht nämlich die Möglichkeit, schon so früh mit dem Auto unterwegs zu sein - und das sogar ohne Begleitung. Auszubildende, die ansonsten so gut wie keine Chance haben, ihre Arbeitsstätte zu erreichen, können einen entsprechenden Antrag stellen. Wird der genehmigt, ist damit die Fahrt von zu Hause bis zum Ausbildungsplatz und wieder zurück gestattet. Damit ist das Hauptargument Blesers, nach dem es junge Menschen in ländlichen Gebieten schwer haben, jenseits der Hauptzeiten öffentlicher Verkehrsmittel zu ihrem Ausbildungsbetrieb zu kommen, ad absurdum geführt. Gleichwohl zeigt sich, dass der Politiker vermutlich nichts anderes im Sinn hat, als in seinem ländlich strukturierten Wahlkreis Mosel/Rhein-Hunsrück Punkte zu sammeln. Nur gut, dass er dabei vor eine Mauer der Ablehnung stößt - eine Mauer, die Leben rettet.
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