Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zum Thema NRW-CDU:
Bielefeld (ots)
Angela Merkel wird ihren Generalsekretär Hermann Gröhe nicht als Statthalter Berlins für den Landesvorsitz in NRW kandidieren lassen. Das hat sie gestern vor der Hauptstadtpresse klargestellt. Ob das damit wieder eingefangene Gerücht vom Wahlabend ein Berliner Versuchsballon, eine Düsseldorfer Nebelkerze oder schlicht ein Missverständnis war, ist zwei Tage nach dem Desaster der NRW-CDU nicht mehr wichtig. Eines hat die Geschichte aber gezeigt: bloß kein neuer Kandidat aus der Bundes-CDU. Zu viele Verletzte, Enttäuschte und Empörte hat Norbert Röttgen mit seiner glücklosen, wenn nicht stümperhaften Kampagne zurückgelassen. Schon im Juni will die NRW-Union einen neuen Vorsitzenden wählen. Das wurde am Sonntag noch vor Schließung der Wahllokale verabredet. Offenbar war das Rücktrittsgeeiere Jürgen Rüttgers' 2010 noch in lebhafter Erinnerung. Aber warum diese Eile, wo doch Rot-Grün vor Kraft kaum laufen kann und fünf Jahre Zeit hat, um ungestört zu regieren? Außerdem: Hannelore Kraft scheint klug und bescheiden genug, um sich nicht auf das Abenteuer Kanzlerkandidatur einzulassen. Die Frau schickt sich an, in den großen Schuhen des Johannes Rau Fuß zu fassen. Sie wird allerdings dessen einzigen politischen Fehler kaum wiederholen. Der legendäre SPD-Ministerpräsident bekam 1987 als SPD-Kanzlerkandiat bundesweit keine Schnitte. Außerdem: Kraft hat gewonnen, weil sie einen personenbezogenen Wahlkampf ähnlich wie Angela Merkel geführt hat. Mit dieser Methode wird Kraft auch 2017 in NRW leichtes Spiel haben - auch deshalb dürfte sie im Lande bleiben. Heute dürften Karl-Josef Laumann und Armin Laschet ihre Kandidaturen für die Röttgen-Nachfolge an der CDU-NRW-Spitze anmelden. Der Versuch, einen gemeinsamen Vorschlag des Landesvorstands zu machen, wäre damit gescheitert. Für eine Mitgliederbefragung bis Ende Juni fehlt so oder so die Zeit, also kommt es zur Kampfabstimmung bei einem Landesparteitag. Beide Kandidaten starten mit Mankos. Laschet erzielte beim Mitgliederentscheid 2010 nur 45 Prozent. Auch der sonst so geschickte Themen-Allrounder hat am Sonntag als Schatteninnenminister verloren. Seine Beiträge zum Röttgen-Wahlkampf werten einige als auffällig unauffällig. Auf keinen Fall erreichte er eine vergleichbare mediale Präsenz wie zu seiner Zeit als Integrationsminister. Laumann ist wie er ist in seiner westfälischen Art von Schrot und Korn. Auch er hat im Röttgen-Team nicht über das Mittelmaß hinausgefunden. Der an sich grundehrliche Arbeitnehmer-Anwalt ist einigen in der Union einen Tucken zu weit links. Merkel wird also weder dem einen noch dem anderen abraten. Wie auch immer: Die Landes-CDU braucht einen guten Vormann, der auch das Zeug zum Fraktionschef im Landtag hat. Weniger dringend gesucht wird ein Spitzenkandidat, der sich in absehbarer Zeit als Ministerpräsident beweisen muss.
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